Landtagssitzung am 01.03.2019 | TOP 20: Debatte über amtliche Tierschutzkontrollen in der Nutztierhaltung

Video Landtagsrede am 01.03.2019: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

01.03.19 –

Video Landtagsrede am 01.03.2019: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>>

Hier zur gesamten Debatte mit allen Redebeiträgen und Drucksachen (7/3966 und 7/4017) >>>

Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Tierschutz ist im Grundgesetz verankert. Im Tierschutzgesetz werden die Tiere als Mitgeschöpfe hervorgehoben. Artgerechte Haltungen ohne Schmerzen, Leiden und Schäden sind Pflicht und Körperteile sollen nicht abgeschnitten werden.

Die konkreten Haltungsbedingungen befinden sich in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Mit den Kontrollen der unteren Veterinärbehörden soll dieser rechtliche Tierschutz durchgesetzt werden. Doch leider müssen wir konstatieren, dass noch stets tierschutzrechtliche Verstöße und auch Tierquälereien in Sachsen-Anhalt bekannt werden und zum Teil durch Tierschutzrechtsorganisationen auch öffentlich gemacht werden.

Mit den jetzigen Kontrollen wird der Tierschutz nicht wirksam und nicht zufriedenstellend durchgesetzt. Wir kennen die Ursachen: strukturelle Unterbesetzung, Unkontrollierbarkeit von sehr großen Anlagen, aber auch ein mangelndes Problembewusstsein für Verstöße. Anders kann ich mir es nicht erklären, dass gravierende Missstände in einem Kuhstall in Demker und im Schlachtbetrieb im Schönhausener Ortsteil Hohengöhren-Damm nicht aufgefallen sind. Hier bedarf es dringender Verbesserungen, über die wir im Landwirtschaftsausschuss beraten sollten.

Zur Finanzierung einer ausreichenden Personalausstattung sollte überlegt werden, inwieweit kostendeckende Gebühren bei gewerbsmäßigen Anlagen für die aufwendigen Erstkontrollen erhoben werden können, und eben nicht nur, wie es heute der Fall ist, für die Nachkontrollen.

Ich plädiere für verbindliche Tierschutzindikatoren, zum Beispiel in der Geflügelhaltung. Es geht darum, dass sich die Tierhalter auch die Flügelbrüche anschauen, damit wir eine Standardisierung für die Eigenkontrollen bei den Tierhaltern haben. Eine Vereinheitlichung hätte den Vorteil, dass sich die Betriebe untereinander auch Empfehlungen geben könnten und dass die Kontrollen der Veterinärbehörden erleichtert werden; denn sie schauen sich auch immer die Ergebnisse der Eigenkontrollen an.

Weiterhin ist es sinnvoll - die Frau Ministerin hat es schon gesagt  , wenn die Nutzung der bereits vorhandenen Daten, also der Daten, die von den Tierhaltern, aber auch von den Behörden und auch von den Schlachthöfen erhoben werden, zum besseren Austausch von Informationen zu tierschutzrelevanten Problemen verwendet werden könnten. Es ist beispielsweise schon jetzt üblich, dass die Schlachthöfe die Häufigkeit von Fußballenentzündungen an die Tierhalter zur Nachsteuerung zurückmelden.

Was ist schon passiert? - Es gibt im Ministerium ein interdisziplinäres Kontrollteam, das die Veterinärbehörden bei den Kontrollen begleitet, die amtlichen Tierärztinnen und Tierärzte berät und auch den Tierhaltern Verbesserungsempfehlungen gibt. Zudem wir haben im Landeshaushalt einen Schulungsposten für Bestandstierärztinnen eingestellt, damit sie die Betriebe besser zur Realisierung von mehr Tierwohl, mehr Tierschutz und mehr Tiergesundheit beraten. Und das ist gut so.

Wir sollten uns im Ausschuss darüber unterhalten, was wir noch mehr machen können; denn dem Tierschutz muss Geltung verschafft werden.


Vizepräsident Willi Mittelstädt:

Frau Frederking, wenn Sie fertig sind, möchte ich Ihnen sagen: Herr Roi hat sich zu Wort gemeldet. - Herr Roi, Sie haben das Wort.


Daniel Roi (AfD):

Erst einmal vielen Dank, Frau Frederking. Vieles von dem, was Sie gerade lobend erwähnt haben und was Sie selbst fordern, steht übrigens in unserem Antrag. Deshalb wäre es eigentlich möglich gewesen, das, was Sie nicht wollen, mit einem Änderungsantrag zu modifizieren, sodass wir heute einen Beschluss hätten fassen können. Aber gut, dann diskutieren wir darüber halt im Ausschuss. Meine Frage ist nur: Kann ich von der Koalition erwarten, dass im Ausschuss noch etwas vorgelegt wird?

Ich meine, Sie loben unsere Lösungsansätze. Aber ich sehe keinen Alternativantrag oder Änderungsantrag der Kenia-Koalition. Also kommen wir wieder nicht voran. Oder wie ist Ihr Plan, um politisch-parlamentarisch in dem Bereich endlich einmal in die Puschen zu kommen?


Vizepräsident Willi Mittelstädt:

Frau Frederking, Sie haben das Wort.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Eine Redezeit von drei Minuten für einen Debattenbeitrag ist recht kurz. Aber ich habe schon zwei Punkte angerissen, Herr Roi, zum einen die kostendeckenden Gebühren bei Erstkontrollen. Ich würde gern darüber diskutieren, ob das eine Möglichkeit sein könnte, um die Veterinärbehörden zu finanzieren.

Zum anderen das Thema Datenaustausch. Heute fehlen die rechtlichen Grundlagen, die Rahmenbedingungen, damit die Daten vor allen genutzt werden können. Es gibt schon viele Informationen dazu - die Tierhalter führen Eigenkontrollen durch -, dass diese Daten mitgeliefert werden oder umgekehrt auch die Daten von den Schlachthöfen.

Die Tierhalter tragen ihre Bestände in die HIT-Datenbank ein. Wenn alle Daten freigegeben wären, dann könnte man auch die Tierströme verfolgen. Diese Informationen können dann genutzt werden, um tierschutzrelevante Aspekte schneller und besser zu beleuchten, um dann zu Verbesserungen zu kommen. - Das waren zwei konkrete Ansatzpunkte.

Dann habe ich unser Schulungsprogramm erwähnt. Das ist der dritte Punkt. Dieses Schulungsprogramm der Bestandstierärztinnen soll natürlich letztlich wieder auf die Betriebe zurückschlagen, weil sie dann die Betriebe besser beraten können.

(Beifall bei den GRÜNEN)