Landtagssitzung am 25.10.2018 | TOP 12: Mehr erneuerbare Energien in und auf landeseigenen Gebäuden und Liegenschaften

Video Landtagsrede am 25.10.2018: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> Antrag der Fraktionen CDU, SPD & BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs. 7/3515. Der Antrag wird beschlossen. Beschluss Drs. 7/3529. Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

25.10.18 –

Video Landtagsrede am 25.10.2018: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>>

Antrag der Fraktionen CDU, SPD & BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs. 7/3515. Der Antrag wird beschlossen. Beschluss Drs. 7/3529.

Hier zur gesamten Debatte mit allen Redebeiträgen und Drucksachen (7/6467, 7/3515, 7/3529) >>>

Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die diesjährige Dürre lässt uns spüren, wie wir mit einem Irrsinnstempo auf eine unbeherrschbare Situation zusteuern. Weltweit haben bereits viele Menschen ihre Lebensgrundlagen verloren. So erfordert der Klimawandel eine sehr rasche Senkung der CO2-Emissionen. Ein Abwarten oder Verschieben ist unverantwortlich. Das gilt auch für den Kohleausstieg, der schrittweise, planbar und sozial verträglich erfolgen muss.

Aber wir brauchen natürlich auch andere Maßnahmen. Beginnen wir doch ganz einfach und unkompliziert hier und heute, mit sinnlosen Energieverschwendungen aufzuhören.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Deshalb: Heizung runter in Eingangsbereichen und Fluren und beim Lüften der Toilettenräume, öfter den ÖPNV nutzen und Fahrgemeinschaften bilden. Diese Maßnahmen werden oft ins Lächerliche gezogen, gerade weil sie so konkret und machbar sind. Viele wollen mit dem Klimaschutz nicht ohne Komforteinbußen ernst machen, weil sie Angst haben, dass sie mit diesem ersten Schritt ihren Lebens- und Arbeitsstil grundsätzlich hinterfragen müssen.

Doch wenn die Folgen des Klimawandels schon jetzt verheerend sind, dann kann Klimaschutz doch gar nicht so schlimm sein. Wenn die Strickjacke hilft, das Klima zu retten, dann sind wir in der Pflicht, diese auch anzuziehen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Denn unsere Freiheit endet da, wo wir mit den Emissionen die Freiheit von anderen einschränken.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Wenn diese Haltung der Verantwortung zum gesellschaftlichen Mainstream wird, dann werden wir auch ganz schnell neue Techniken, neue Angebote nutzen. Heute das Benzinauto einmal öfter stehen lassen und in naher Zukunft das Elektroauto mit Sonnenstrom betanken.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Damit können die jährlichen Emissionen sogar um das 40-Fache gesenkt werden; von heute 1,6 t auf 40 kg. Für ein Auto sind gar nicht so große Flächen erforderlich, Herr Dr. Schmidt. Eine 2 kWp-Anlage reicht schon für ein Auto.

Solarstrom und auch Solarwärme werden also für 100 % erneuerbare Energien gebraucht. So ist auch das Flächenpotenzial der Landesliegenschaften zu nutzen. Es ist schlüssig, wenn die 3 500 landeseigenen Gebäude nun noch einmal auf ihre technische und wirtschaftliche Eignung für eine Solarnutzung untersucht werden.

Damit es schnell zur Umsetzung kommt, müssen für den landeseigenen Betrieb von Solaranlagen alle Hemmnisse, die sich aus dem Steuer- und Energierecht begründen, aus dem Weg geräumt werden.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Denkbar ist die Gründung einer separaten Betreibergesellschaft, so wie es auch in Baden-Württemberg gemacht wurde.

Damit es auch umfangreich erfolgt, stimmen wir der LINKEN zu. Es sollte auch geprüft werden, ob die Flächen zur Pacht Dritten zugänglich gemacht werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Sehr geehrte Kollegin, Ihre Redezeit ist schon überschritten.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

- Schade. Bitte?

(Zuruf: Schade! - Heiterkeit - Eva von Angern, DIE LINKE, meldet sich)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Das hatten wir auch noch nicht, dass ein Redner hier vorn dazu animiert, dass eine Frage gestellt wird.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

- Das sah aus wie Zuckungen.


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

- Ja, ich habe das wohl gemerkt. Sie haben aber Erfolg gehabt; denn Frau von Angern wird Ihre Redezeit etwas verlängern. Bitte, Frau von Angern.


Eva von Angern (DIE LINKE):

Frau Kollegin Frederking, mich würden noch die weiteren Aussagen Ihrer Rede interessieren,

(Heiterkeit bei der LINKEN, bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

weil vollumfänglich war sie aus meiner Sicht nicht. Sie war noch nicht rund und hat mich noch nicht überzeugt.

(Zustimmung bei der LINKEN - Unruhe bei der CDU)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Sehr geehrte Kollegin Frederking, das heißt aber nicht, dass Sie Ihre Rede jetzt fortsetzen bzw. beenden können, sondern ich denke, Sie können jetzt noch einmal ein paar ganz konkrete Punkte herausgreifen. Ansonsten würde das Beispiel Schule machen.

(Unruhe bei der LINKEN)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Frau von Angern, Sie    


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Einen ganz kleinen Moment; ich habe Ihnen noch nicht das Wort erteilt. - Frau Kollegin Angern, es liegt nicht in meiner Kompetenz zu sagen, welche Debattenstruktur zu einem Tagesordnungspunkt vorgesehen wird. Wenn Sie bei einem Thema eine andere Debattenstruktur haben möchten, dann müssen Sie Ihren parlamentarischen Geschäftsführer und die parlamentarischen Geschäftsführer der anderen Fraktionen noch einmal ins Gebet nehmen.

(Zuruf von der CDU)

Es gibt auch noch eine weitere Frage. Aber ich bitte Sie, für Frau von Angern ganz konkrete und kurze Punkte herauszugreifen und nicht die Rede einfach fortzusetzen.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Frau von Angern, Sie haben sicherlich darauf fokussiert, worin - wir stimmen ja Ihrem Anliegen grundsätzlich zu; wir haben einen Alternativantrag vorgelegt - der Unterschied besteht. - Der Unterschied besteht darin, dass wir nicht nur auf Solarenergie abstellen, sondern durchaus auch die anderen erneuerbaren Energien in den Fokus nehmen, zum Beispiel Wärmepumpen, und dass wir auch innovativ weiterdenken.

Man kann sich auch vorstellen, dass man, wenn man die Solaranlage auf dem Dach nutzt, den Strom gleich in die Ladesäule für die Elektroautos im Keller zu leiten, also die Sektorkoppelung mit zu bedenken.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Sie haben das Glück, dass es noch zwei weitere Fragesteller gibt, und zwar hatten sich noch Frau Eisenreich und Herr Tullner gemeldet. Frau Eisenreich, Sie haben jetzt die Möglichkeit, zu fragen.


Kerstin Eisenreich (DIE LINKE):

Frau Frederking, Ihr Koalitionskollege Herr Schmidt hatte vorhin darauf hingewiesen, dass das Potenzial für den Beitrag, den wir mit der Solarenergie oder anderen erneuerbaren Energien auf den landeseigenen Liegenschaften erzeugen können, generell relativ gering ist. Stimmen Sie mit mir darin überein, dass im Prinzip jeder noch so kleine Beitrag nicht nur einen Symbolwert hat, sondern generell von überaus großer Bedeutung für das Gesamtprodukt Energiewende ist?


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich stimme mit Ihnen, Frau Eisenreich, komplett überein. Deshalb hatte ich auch das eine Beispiel genannt. Da hatte Herr Dr. Schmidt aber gerade geplauscht und es nicht gehört.

(Dr. Andreas Schmidt, SPD: Nein!)

Selbst eine kleine 2 -kWpeak-Anlage - das sind gerade einmal 16 m - reicht schon aus, um ein Auto mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von 13 000 km - das ist der Durchschnitt in Deutschland - zu betanken. Es ist also unglaublich, was man mit so kleinen Flächen schon erreichen kann.


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Herr Tullner, Sie haben jetzt das Wort.

(Minister Marco Tullner: Hat sich erledigt!)

- Das hat sich erledigt. Dann möchte Ihnen Herr Gebhardt noch eine Frage stellen.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Frederking, zwei Sachen. Das eine: Wir haben uns im Facharbeitskreis der Fraktion intensiv mit dem Antrag beschäftigt. Wir sind zu der Auffassung gekommen, dass wir versuchen sollten, einen Schritt nach dem anderen zu machen.

Ich wollte Sie fragen, ob Sie mit mir auch darin übereinstimmen, dass es schon einmal ein großer Schritt wäre, die Solarenergie auf den Dächern zu fördern. Ich habe in meinem Wahlkreis die Erfahrung gemacht, dass das im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Solarenergie auf dem Feld die Variante ist, die die höchste Akzeptanz in der Bevölkerung genießt.

Mit Solaranlagen, die sich auf dem Dach eines Wohnblocks befinden und die man gar nicht sieht, haben die Leute überhaupt kein Problem. Das bestätigen auch Umfragen. Deswegen haben wir gesagt, das ist wahrscheinlich eine Variante, mit der man auch werbend für die erneuerbaren Energien agieren kann, weil die auf eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung trifft.

Das andere: Ich möchte Ihnen anbieten, dass wir einmal die Gemeinde Benndorf in meinem Wahlkreis besuchen, wo die Wohnungsgesellschaft jetzt genau das gemacht hat,

(Zustimmung bei der LINKEN)

sie hat bei sämtlichen kommunalen Einrichtungen Solaranlagen auf das Dach gebracht. Das hat eine große Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden und ist ökologisch einfach großartig.

(Zustimmung bei der LINKEN - Minister Marco Tullner: Eher Werbung!)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Das war zwar keine Frage, aber Sie können natürlich darauf erwidern. Ich habe jetzt keine Frage dabei herausgehört.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Doch, er hat gefragt, ob ich die Akzeptanz auch sehe. So habe ich es verstanden.


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Ja, Sie können ohnehin erwidern.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Ja, was die Akzeptanz betrifft!)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Die Dächer sind da und sollten unbedingt genutzt werden. Dafür müssen keine neuen Flächen versiegelt werden. Also es ist klug, die dann auch in der Weise zu nutzen. Das fördert unbedingt die Akzeptanz.

Ich wollte mit meiner Antwort auf die Frage von Frau von Angern auch darauf hinweisen, dass wir jetzt, wenn wir solche Schritte gehen, von vornherein die Sektorkoppelung mit im Blick haben müssen und nicht nur an die standardmäßige Einspeisung ins Netz denken sollten, wie es heute der Fall ist.

Vielmehr müssen wir gleich darüber nachdenken, wie wir den Strom auch für andere Bereiche nutzen bzw. speichern können. Für mich ist es durchaus denkbar, dass in den Ministerien in Zukunft in den Kellern nicht nur Ladesäulen stehen, sondern vielleicht auch ein kleiner Elektrolyseur, der Gas produziert.

(Beifall bei den GRÜNEN)