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Landtagssitzung am 04.05.2017 | TOP 18: Vollständige und nachhaltige Sanierung der "Bohrschlammdeponie Brüchau" durch den Betreiber ENGIE E&P Deutschland GmbH

Video Landtagsrede am 04.05.2017: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> Antrag der Fraktionen CDU, SPD & BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs. 6/1351 und Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drs. 6/1354. Den Punkten 2 und 3 des Änderungsantrages wird zugestimmt. Der Antrag wird in der so geänderten Fassung beschlossen.Beschluss Drs. 7/1364. Beschlussrealisierung Drs. 7/1651. Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

04.05.17 –

Video Landtagsrede am 04.05.2017: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>>

Antrag der Fraktionen CDU, SPD & BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs. 6/1351 und Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drs. 6/1354. Den Punkten 2 und 3 des Änderungsantrages wird zugestimmt. Der Antrag wird in der so geänderten Fassung beschlossen.Beschluss Drs. 7/1364. Beschlussrealisierung Drs. 7/1651.

Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Bohrschlammdeponie beschäftigt uns als Landtag zum wiederholten Male.

Herr Roi, bevor Sie vor Ort waren,

(Ulrich Thomas, CDU: Waren Sie schon längst da!)

haben sich andere Abgeordnete schon längst mit dieser Thematik befasst.

(Tobias Rausch, AfD: Aber keinen Antrag dazu gestellt! - Weitere Zurufe von der AfD - Unruhe)

Aber zuerst möchte ich das Kind beim richtigen Namen nennen: Die Bohrschlammdeponie Brüchau ist eben keine Deponie, sondern als Anlage zur Ablagerung bergbaulicher Abfälle eine regelrechte Giftschlammgrube, die einen Cocktail aus gefährlichen chemischen Substanzen und aus Radionukliden enthält.

Die Grube wird mit ihrer flüssigen Konsistenz auch als Silbersee bezeichnet. Was harmlos klingt, hat einen dramatischen Hintergrund, wenn im Sommer das verdampfte Quecksilber silberfarben in der Luft hängt.

Wie wir im Wirtschaftsausschuss am 16. Februar 2017 von einem Vertreter der Bürgerinitiative erfuhren, wurden neben den bergbaulichen und bergbaufremden Abfällen systematisch radioaktive Abfälle in die Grube gekippt, nicht nur die mit schwacher Radioaktivität aus den dort verbrachten Bohrschlämmen, sondern auch stärker radioaktiv belastete Rückstände aus der Gasreinigung und aufkonzentrierte Reinigungsschlämme aus Rohren und Armaturen. Auch radioaktiver Schrott wurde einfach abgekippt.

Dass die Menschen vor Ort angesichts dieser Tatsachen Angst vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen haben, ist mehr als verständlich,

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU)

zumal es mehrere Hinweise und Gutachten gibt, die besagen, dass die Grube nicht dicht ist und gefährliche Stoffe in das Grundwasser gelangen und sich somit in den Ökosystemen ausbreiten.

Die Menschen in der Altmark fürchten eine tickende Zeitbombe. Vor vielen Jahren haben sie bereits auf eine Lösung gedrängt. Im Jahr 2015 wurde mit der sogenannten Vorzugsvariante die Abdeckung der Grube mit einer Folie ohne Berücksichtigung des Untergrundes als Lösung angeboten. Dass diese Schließungsvariante nicht tragfähig sein konnte, zeigt sich allein daran, dass lediglich das Schadstoffinventar bis zum Jahr 1991 berücksichtigt wurde, obwohl mehr als 20 Jahre danach noch weiterhin Bohrschlämme und die anderen Sonderabfälle in die Grube verbracht wurden.

(Zustimmung von Uwe Harms, CDU)

Das Erschrecken über diesen Fehler war auf allen Seiten groß und wird hoffentlich dazu führen, dass zukünftig die Problematik seriös, ernsthaft und schnell angegangen wird. Alles andere kann man der inzwischen resignierten und frustrierten Anwohnerschaft nicht mehr zumuten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Mit der gemeinsamen Beratung in Kalbe am 12. April 2017 ist der Anfang eines Beteiligungsprozesses gemacht worden.

Herr Farle, das, was Sie so genüsslich an unserem Antrag kritisiert haben, ist eine Position der Bürgerschaft in Vertretung des Bürgermeisters der Stadt Kalbe, des Stadtrats Kalbe und des Ortschaftsrates Kalbe und meiner Person, die wir bereits im letzten Jahr festgehalten und den Behörden übergeben haben.

Wir haben nämlich darauf gedrungen, dass unter Offenlegung und Beantwortung aller ungeklärten Aspekte eine nachvollziehbare und belastbare technische Variante präsentiert wird, die für jetzt und für die Zukunft die einschlägigen Sorgen der Einwohnerschaft des Ortsteils Brüchau und der Umgebung, die im Kontext mit der Deponie steht, ausräumt. Das ist also eine Positionierung der Menschen vor Ort. Darüber machen Sie sich lustig.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Robert Farle, AfD: Das ist falsch! - Oliver Kirchner, AfD: Das ist falsch! - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Die Betreiberfirma Engie wird in Kürze einen Sonderbetriebsplan zur Feststellung des Schadstoffinventars und der Dichtigkeit der Grube vorlegen. Es ist gut, dass vor der Genehmigung dieses Untersuchungskonzeptes die Runde, wie sie in Kakerbeck getagt hatte, kritisch prüft, ob Umfang und Methoden der Untersuchungen geeignet sind, um den tatsächlichen Zustand der Grube und die Gefährdungen zu ermitteln. Die Untersuchungsergebnisse sollen dann Grundlage für die Festlegung der endgültigen Schließungsvariante sein.

Auch wenn wir GRÜNEN aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse zurzeit nur den Rückbau als sicherste Variante einschätzen, bleibt die klare Anforderung: Der Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Schutz der Umwelt und des Grundwassers müssen bei der Stilllegung maßgeblich sein. Es muss eine Lösung gefunden werden, die zuverlässig und dauerhaft jegliche Belastungen für Mensch und Umwelt auch für künftige Generationen ausschließt. Hierbei dürfen auch die Kosten keine Rolle spielen.

Es ist gut, dass Herr Staatssekretär Wünsch aus dem Wirtschaftsministerium und Herr Stadelmann als Geschäftsführer des Landesamtes für Altlastenfreistellung das genauso sehen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Siegfried Borgwardt, CDU: Wir sehen es auch so!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke. Es gibt eine Nachfrage von Herrn Farle.


Robert Farle (AfD):

Es ist nur eine Kurzintervention zur Klarstellung, und zwar: Ich mache mich überhaupt nicht darüber lustig, dass die zuständigen Behörden und Menschen mit den Leuten vor Ort über solche Prozesse sprechen mit dem Ziel, diese Probleme zu lösen. Ich wollte aber kritisieren - das kritisiere ich auch klipp und klar  , dass nicht beachtet wird, dass bei solchen Gesprächen tatsächlich das Ergebnis zählt.

Wenn man jetzt einen jahrelangen Diskussionsprozess durchführt, bis alle Leute, die dort aufgrund einer solchen Deponie Krebs bekommen haben, was man dann aber nicht im Detail nachweisen kann, verstorben sind, dann braucht man nicht mehr darüber zu reden, wie man diesen Menschen noch helfen kann. Das heißt, es geht aus meiner Sicht um Lösungen und nicht darum, sich über irgendetwas lustig zu machen.

Sie haben in Ihrem Beitrag - das rechne ich Ihnen hoch an; ich hatte in meinem ursprünglichen Manuskript stehen, dass Sie tätig waren, Anfragen gestellt haben, was die Zusammensetzung der Gifte und alles so was betrifft; das habe ich den Antworten, die auf Ihre Anfragen gekommen waren, entnommen; ich hatte es in meinem Unterlagen, habe es aber dann nicht zitiert - klar bestätigt, dass die Aussagen von Herrn Willingmann - das rechne ich ihm negativ an - deutlich machen, dass er der Meinung war: Es ist eigentlich nicht nachgewiesen, dass das Gift in das Grundwasser gelangt. Das hat er mit Hinweisen auf Gutachten bestritten. Sie haben aber klipp und klar ausgeführt: Es gibt den Nachweis, zumindest in ein oder zwei Fällen.

Dazu muss ich sagen: Die Bevölkerung hat es aus dem tiefsten Inneren satt, dass jahrelang über Themen gesprochen wird und am Ende nichts passiert.

(Lebhafter Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Jawohl! - Richtig! - So ist es!)

Das richtet sich nicht gegen Sie.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Frederking, Sie haben das Wort, zwei Minuten, wenn es geht.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich habe das Bedürfnis, hierzu etwas zu sagen. In diesem Jahr - Sie haben jetzt auf das letzte Jahr geschaut; wir haben diese Position im März festgehalten - ist schon Bewegung in die Sache gekommen, weil die Bürgerinitiative und der Landkreis Salzwedel die Befürchtung hatten, dass das vorgeschlagene Untersuchungskonzept nicht geeignet ist, um den tatsächlichen Zustand der Grube festzustellen.

Bei unserer Beratung in Kalbe im letzten Monat haben wir uns darauf verständigt, dass das Untersuchungskonzept, das jetzt von Engie vorgeschlagen wird, noch einmal kritisch geprüft werden soll, um vernünftige Untersuchungen auf den Weg zu bringen. Das ist doch nicht nichts. Das ist etwas, was auch von der Bevölkerung und von der Bürgerinitiative anerkannt wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn die Grube - in welcher Form auch immer - geschlossen wird, muss man wissen: Was ist darin? Man muss es von der Qualität her wissen und man muss es von der Quantität wissen her, damit man auch weiß, wohin diese Rückstände verbracht werden müssen. Ich denke hierbei nur an die radioaktiven Stoffe.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Höppner hat noch eine Frage. Bitte, Herr Höppner.


Andreas Höppner (DIE LINKE):

Frau Frederking, habe ich Sie richtig verstanden, Sie und auch die gesamte Fraktion der GRÜNEN sind eigentlich dafür, dass das Ding komplett entsorgt wird?


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Wir schätzen nach den Erkenntnissen, die uns zurzeit vorliegen - ich konnte das nicht im Detail ausführen, aber wir haben zum Beispiel auch Gutachten, die besagen, dass aus der Grube Schadstoffe austreten  , ein, dass das die sicherste Variante ist.


Andreas Höppner (DIE LINKE):

Dann verstehe ich Sie auch richtig, dass Sie dem Punkt 1 unseres Änderungsantrags eigentlich zustimmen müssten? Dieser besagt: Der Landtag präferiert dabei den Rückbau der Deponie einschließlich ihrer Renaturierung. Dem könnten Sie doch dann eigentlich zustimmen? Was tun Sie?

(Daniel Rausch, AfD: Das ist die Umweltpartei! - Robert Farle, AfD: Des Rudels Kern! - Unruhe bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Frederking, Sie haben das Wort.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich habe deutlich gemacht, wie wir das in Kenntnis der Sachlage und in Auseinandersetzung mit der Sachlage einschätzen. Wir treten dafür ein, dass hier Untersuchungen durchgeführt werden

(Unruhe bei der AfD)

und dann die Stilllegungsvariante umgesetzt wird.

So wie Sie das gesagt haben: „präferieren“ - das kann schon eine Vorfestlegung sein oder auch eine weiche Formulierung. Wir haben das als Vorfestlegung verstanden und wollen deshalb dem Punkt 1 nicht zustimmen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Siegfried Borgwardt, CDU: So haben sie es auch gemeint!)

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