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Landtagssitzung am 20.03.2024 | TOP 2: Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbindlich angehen

Videos Landtagsreden am 20.03.2024, Reden im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

20.03.24 –

Videos Landtagsrede am 20.03.2024: 

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Drs. 8/3878, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Reden im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Abgeordnete! Wenn ich ein veganes Trüffelgericht

(Zuruf: Nein!)

im Restaurant bestellen will und es mir zu teuer ist, dann muss ich etwas anderes bestellen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Wenn ich das nicht tue, dann muss ich das bezahlen, was ich bestellt habe. So ist es beim Rundfunkbeitrag auch.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Politik bzw. die Bundesländer bestellen bei ARD, ZDF und Deutschlandradio über die Staatsverträge Auftrag und Struktur.

(Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)

Seit vielen Jahren ertönen aus allen Richtungen Stimmen, besonders laut von der CDU, die Reformen fordern, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftsfest zu machen und zugleich den Beitrag zu dämpfen. Wir wissen: Beitragswirksam können nur grundlegende Reformen bei Auftrag und Struktur sein. Kleinere Veränderungen sind es nicht.

Für uns ist die Zeit des Redens und des Wünschens vorbei. Es reicht nicht, nur über Reformen zu reden, so wie es die CDU heute wieder einmal mit der von ihr eingereichten Aktuellen Debatte macht.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir GRÜNEN meinen: Über weitreichende Reformen bei Auftrag und Struktur muss endlich entschieden werden. Diese müssen gegenüber den Sendern über die Staatsverträge auch verbindlich gemacht werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Deshalb liegt heute unser Antrag vor, in dem wir ganz konkret werden

(Markus Kurze, CDU, lacht)

und über Zielbestimmungen hinaus eben auch Maßnahmen vorschlagen, die jetzt umgesetzt werden können.

Wir möchten, und zwar auch wieder ganz konkret, Herr Kurze, dass sich die Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt mit den 15 anderen Bundesländern in Verbindung setzt,

(Markus Kurze, CDU: Das macht sie seit Jahren!)

um Veränderungen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf den Weg zu bringen. 

(Guido Kosmehl, FDP: Was soll denn konkret umgesetzt werden?)

Konkret ist, dass es in die Staatsverträge aufgenommen wird, Herr Kosmehl. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Das soll und kann schon jetzt geschehen und nicht erst, wenn das von der Rundfunkkommission in Auftrag gegebene Sondergutachten vorliegt. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sehen speziell Sachsen-Anhalt in der Rolle, eine Triebfeder zu sein; denn mit unserem Bundesland verbindet sich eine besondere Geschichte zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ende 2020 weigerte sich die CDU-Landtagsfraktion, einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags zuzustimmen, und so kam der damalige Staatsvertrag nicht zustande. 

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass das Agieren verfassungswidrig war und ist. Damit hatte sich Sachsen-Anhalt in das verfassungswidrige Abseits manövriert. Die Außenwahrnehmung für Sachsen-Anhalt war desaströs. 

(Markus Kurze, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Das war ein Scheitern mit Ansage. 

(Markus Kurze, CDU: Ach!)

Die CDU hat wider besseres Wissen die Ablehnung des Rundfunkbeitrags als Wahlkampfschlager zulasten der öffentlich-rechtlichen Medien missbraucht. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Sie hat den Menschen Sand in die Augen gestreut und suggeriert, dass das Stoppen der Erhöhung Reformen auslösen würde. Doch das ist falsch. Solange die Politik keinen anderen Auftrag und keine andere Struktur vorgibt, gelten die Vorgaben in den bestehenden Staatsverträgen und der Beitrag folgt dem Auftrag. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als GRÜNE meinen wir: Diese Geschichte von damals und der damit verbundene Schaden dürfen sich nicht wiederholen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Rundfunkfreiheit darf nicht ein weiteres Mal verletzt werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine tragende Säule der Demokratie und seine auftragsgemäße Finanzierung muss gesichert sein. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt gute Reformansätze, die nicht einmal Konflikte zur Programmautonomie befürchten lassen, da sie das Programm nicht berühren. So möchten wir, dass die Empfehlungen und Vorgaben der Rundfunkkommission der Länder und der KEF, der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs für die Rundfunkanstalten, grundsätzlich umgesetzt werden. Dort, wo die Instrumente der KEF mit Sperren, Kürzen und Abschlägen bei den Finanzmitteln nicht gut anwendbar sind, sollen die Umsetzungsverpflichtungen konkret in die Staatsverträge aufgenommen werden, z. B. die Vorgabe, dass das öffentliche Vergaberecht anzuwenden ist oder dass bei finanzwirksamen Maßnahmen, insbesondere bei Beauftragungen, Beschaffungen und Baumaßnahmen, Wirtschaftlichkeitsprüfungen inklusive Alternativenprüfungen vorzuschalten sind. 

Dazu gehört bspw. die Fragestellung: Macht es Sinn, etwas neu zu bauen, oder könnte das alte Gebäude saniert werden?

Wir wollen, dass Mehrfachstrukturen systematisch abgebaut werden. 

(Guido Kosmehl, FDP: Welche denn?)

- Herr Kosmehl, sehr gern beantworte ich Ihnen diese Frage. Dazu gehört z. B. die Umsetzung der seit längerem geforderten gemeinsamen Plattformstrategie von ARD, ZDF und Deutschlandradio,

(Guido Kosmehl, FDP: Das ist in Umsetzung! Das ist nichts Neues!)

um einen komfortablen Zugang zum gesamten Programmangebot des Öffentlich-Rechtlichen zu schaffen. Das ist nicht neu, Herr Kosmehl, aber es muss umgesetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Unruhe - Guido Kosmehl, FDP: Das ist in der Umsetzung!)

Sie reden immer nur - das ist der Punkt. 

Reformen sind auch notwendig - das möchte ich nicht unerwähnt lassen  , um Spitzengehälter zu deckeln. 

(Guido Kosmehl, FDP: Warum haben Sie es nicht in den Staatsvertrag geschrieben?)

Wenn wir uns die Strukturen ohne Scheuklappen anschauen, dann dürfen auch die in den Staatsverträgen genannten Standorte kein Tabu sein. 

Der Sitz des Deutschlandradios wird mit Köln und Berlin angegeben. Allein die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes in Köln kostet 300 Millionen € - Denkmalschutz, der von den Beitragszahlenden finanziert wird; von der Unterhaltung des Gebäudes und von dem Pendeln zwischen den beiden Städten einmal ganz zu schweigen. 

Ein großes Einsparpotenzial offeriert der bei der KEF vorliegende Immobilienbericht. Es geht um 499 Objekte in 247 Liegenschaften. Diese befinden sich überwiegend im Eigentum, während es bei der privaten Medienwirtschaft anders ist. Dort ist die Eigentumsquote sehr gering und die Medienwirtschaft ist somit viel flexibler. 

Deshalb wird eine Flächenreduzierung in Höhe von 30 % empfohlen. Das bringt eine jährliche Einsparung in Höhe von 28 Millionen € bis 44 Millionen €. Weiter heißt es, dass über marktübliche Bewirtschaftungen ein weiteres Einsparpotenzial zu generieren ist. Dieses wird mit 30 Millionen € bis 40 Millionen € angegeben. - Die Vorschläge sind vorhanden, sie müssen angepackt und umgesetzt werden. 

Nun gehe ich auf die Reformen ein, die den Programmauftrag betreffen und die aus unserer Sicht unbedingt umgesetzt werden müssen. Hierbei handelt es sich zum einen um den Ausbau von demokratie- und gemeinwohlorientierten Angeboten, wie Faktenchecks,

(Unruhe bei der AfD)

eine Schwerpunktsetzung im Grundauftrag auf Informationen, Kultur, Beratung, Bildung und Unterhaltung, und zwar so, wie es uns auch in der Enquete-Kommission empfohlen wurde, sowie eine stärkere Verschiebung der Mittel vom linearen in den nonlinearen Bereich. Solange all das nicht angepackt wird, kann sich beim Rundfunkbeitrag nichts bewegen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Uns ist selbstverständlich bewusst, dass selbst bei sofortiger Umsetzung unserer Vorschläge die Effekte auf den Beitrag einige Zeit dauern werden. Nun ein Moratorium bei der Beitragserhöhung ausrufen zu wollen und auf beitragswirksame Einsparungen innerhalb von zwei Jahren zu hoffen, kann von den Zeitabläufen gar nicht funktionieren. Das wurde bei der letzten Sitzung der Enquete-Kommission von der KEF dargelegt; doch die CDU ignoriert diese Expertise einfach. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir sind mit den Reformen viel zu spät, als dass diese innerhalb von zwei Jahren maßgebliche Einsparungen erzeugen könnten. Die KEF rechnet damit frühestens zum Zwischenbericht der übernächsten Beitragsperiode. 

Zudem sind zurzeit keine konkreten Schritte zu Veränderungen in Sicht - außer in unserem Antrag. 

(Guido Kosmehl, FDP, lacht)

Die Rundfunkkommission hat jüngst bei der KEF ein Sondergutachten in Auftrag gegeben. Darin sollen Vorschläge des Zukunftsrates mit einem Preisschild versehen werden und erst danach beginnen die Beratungen in den Bundesländern. 

Zusammengefasst kann ich sagen: Ein unverbindliches Nachdenken über Reformen bringt uns nicht weiter. Deshalb möchten wir mit unserem Antrag eine verbindliche Beschlusslage herbeiführen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es muss das umgesetzt werden, was jetzt machbar ist. 

Lieber Herr Kurze, wir beantragen eine Ausschussüberweisung, damit die anderen Fraktionen unsere Reformaspekte substanziell mit ihren eigenen Vorschlägen ergänzen können. - Vielen Dank.

2. Rede (Debattenbeitrag)

 

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Herr Kurze, eine Klarstellung. Nicht die Haushalte, nicht die Beitragszahlenden bestellen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk; das macht die Politik. Und wenn der Beitrag zu hoch ist, dann muss die Politik anders bestellen.

Und weil ich jetzt schon mal bei Ihnen, sehr geehrter Herr Kurze, liebe CDU, bin: Ihre Initiative zur Aktuellen Debatte ist ein Paradebeispiel für Ihr - so muss ich es leider sagen - scheinheiliges Agieren beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

(Beifall bei der LINKEN -  Oh! bei der CDU - Markus Kurze, CDU: Dass Sie von „Scheinheiligkeit“ reden, das haut dem Fass den Boden aus! Echt! - Unruhe)

Sie reden ja mit lautem Getöse von beitragswirksamen Reformen, Sie handeln aber nicht entsprechend. Sie bringen diese eben nicht dahin, wo sie hingehören, nämlich in die Staatsverträge. In Ihrem Antrag zur Aktuellen Debatte heißt es zwar richtigerweise, dass ein Reformstaatsvertrag ein nächster richtiger logischer Schritt sei. Doch der ist gar nicht in Sicht,

(Guido Kosmehl, FDP: Doch!)

wie die Antwort von Herrn Robra auf meine Nachfrage gezeigt hat.

(Guido Kosmehl, FDP: Wieso? Der hat doch gesagt, dass der erarbeitet wird!)

Auch aus der Enquete-Kommission, sehr geehrter Herr Kosmehl, sind noch keine Reformvorschläge herausgekommen,

(Guido Kosmehl, FDP: Sie haben doch den Zwischenbericht schon!)

außer denjenigen, die ich mitgeschrieben habe und die ich hier heute vorgetragen habe.

(Zuruf von der FDP)

Anstatt einen Alternativantrag vorzulegen, verweigert sich die CDU und die Koalition einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit Reformen.

(Zuruf von der CDU: Ach! - Zuruf: Hören Sie auf!)

Stattdessen kommt der Vorschlag zu einem Moratorium. Die Beitragserhöhung soll zwei Jahre ausgesetzt und danach der Finanzbedarf berechnet werden. Doch wie hoch der Finanzbedarf für die jetzt in den Staatsverträgen formulierten Beauftragungen ist, hat die KEF längst ermittelt und im Februar vorgelegt und hat dabei zugleich alle möglichen Einsparungen ausgereizt. Ein Moratorium kann nicht funktionieren, wie drei KEF-Mitglieder bei der letzten Enquete-Kommission vorgerechnet haben.

(Zuruf: Zwei!)

- Es waren drei KEF-Mitglieder.

(Guido Kosmehl, FDP: Da war der Geschäftsführer! Der ist kein KEF-Mitglied!)

Ich war da, Herr Kosmehl, und ich kann auch noch bis Drei zählen.

(Unruhe)

Demnach müssten beim Aussetzen der 0,58 € und beim Aufbrauchen der Beitragsrücklage in den Jahren 2025 und 2026 in den darauffolgenden zwei Jahren Einsparungen in Milliardenhöhe bzw. eine Erhöhung des Beitrags von 1,20 € realisiert werden. Das ist schlicht unmöglich.

Den Menschen und Beitragszahlenden solche unrealistischen Vorschläge zu unterbreiten, liebe CDU, das ist reiner Populismus. Dagegen macht unser GRÜNEN-Antrag ernst, jetzt in die Umsetzung von beitragswirksamen Reformen einzusteigen. Wir laden alle demokratischen Fraktionen ein, sich dem anzuschließen. - Vielen Dank.

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