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Landtagssitzung am 10.09.2020 | TOP 29: EEG-Umlage und Strompreis

Video Landtagsrede am 10.09.2020: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

10.09.20 –

Video Landtagsrede am 09.07.2020: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>>

Hier zur gesamten Debatte mit allen Redebeiträgen und Drucksache 7/6540 und 7/6565 >>>

Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Abgeordnete! Wir brauchen Klimaneutralität, und zwar weltweit bis zum Jahr 2035, damit die Auswirkungen der Klimakatastrophe nicht noch schlimmer werden. Schon jetzt sind sie dramatisch. In Sachsen-Anhalt gab es drei Jahre hintereinander Ernteeinbußen und Waldsterben. Das Faktische zwingt zum Handeln. Und wenn wir in Zukunft in Wohlstand leben wollen, brauchen wir ganz schnell den Umstieg auf 100 % erneuerbare Energien.

(Beifall)

Dazu gehört auch, dass Kohle, Öl und Gas so viel kosten, wie sie tatsächlich an Folgekosten verursachen.

(Beifall)

Frau Schindler ist auf das Gesamtvolumen eingegangen. Ich möchte hier noch einmal das UBA, das sagt, bei den fossilen Energien werden 180 € pro Tonne CO2 an Folgekosten verursacht. Das heißt, die CO2-Abgabe mit 25 €, die jetzt vorgesehen ist, reicht bei Weitem nicht aus.

Wenn diese externen Kosten bei den fossilen Energien eingepreist werden, dann werden die erneuerbaren Energien noch viel schneller übernehmen.

(Beispiel)

Es braucht gute grüne Geschäftsmodelle, um mit ihnen schwarze Zahlen zu schreiben. Und nein, Herr Raue, wir brauchen keine neuen fossilen Reservekraftwerke. Wir können mit den verschiedenen erneuerbaren Energien und Speichern Kombikraftwerke schaffen. Und mit denen kann dann auch Geld verdient werden.

Auf europäischer Ebene muss ein Baustein sein, die CO2-Menge und die Zertifikate so stark zu reduzieren, dass sie tatsächlich dem CO2-Budgets Europas entsprechen, nämlich um das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch halten zu können.

Und natürlich wird zentral sein, das Erneuerbare Energiengesetz jetzt so zu novellieren, dass 100 % erneuerbare Energien bis 2030 ermöglicht werden. Die wichtigsten Punkte für uns sind: Abschaffung aller Ausbaudeckel. Allein bei der Windenergie brauchen wir bundesweit einen jährlichen Ausbau von 8 000 Megawatt. Deshalb muss der jetzige jährliche Ausbaudeckel von 2 800 Megawatt fallen.

Wir brauchen endlich die Umsetzung der EU-Richtlinie für Vereinfachungen der Bürgerinnen- und Bürger-Energie. Da werden Bürgerinnen- und Bürger-Windparks bis zu einer gewissen Größe von der Ausschreibungspflicht ausgenommen werden.

Ferner brauchen wir die Abschaffung der Sonnensteuer für den Eigenstromverbrauch und für Mieterinnen und Mieter Strommodelle und wirtschaftliche Lösungen für alle Ü-20-Anlagen; denn bereits ab dem 31.12. fallen die ersten PV- und Windanlagen aus der 20-jährigen EEG-Vergütung heraus. Hier braucht es vernünftige Nachfolgeregelungen.

Mit einem ambitionierten EEG könnten 400 000 neue Jobs geschaffen werden. Wir kämen mit ökologischem Wumms aus der Krise. - Vielen Dank.

(Beifall)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Vielen Dank, Frau Frederking. Ich habe eine Wortmeldung des Herrn Abg. Loth. Da Sie stehen bleiben, wollen Sie diese auch beantworten. - Bitte, Herr Loth.


Hannes Loth (AfD):

Frau Frederking, Sie sagten gerade, wir brauchen mehr regenerative Energien, mehr Windkraftanlagen, mehr Photovoltaik.

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Das habe ich nicht gesagt!)

Wir brauchen den Deckel, der Deckel muss weg, die Leistung muss auf 8 000 Megawatt ausgebaut werden usw. Das ist anscheinend der Bedarf.

Das geht ja nur mit neuen, größeren oder mehr Windkraftanlagen. Da ist die Frage: Wie bewerten Sie denn den Zielkonflikt zwischen Flora, Fauna und den Windkraftanlagen? Größere, mehr Windkraftanlagen töten dann ja auch mehr Vögel. Sind Ihnen die ausgeräumten Landschaften wichtiger als die mit den Spargeln für die Windkraftanlagen zugestellten Landschaften? Das wäre meine erste Frage.

Zweitens: Ein weiteres Standbein sind die Biogasanlagen, die dann wahrscheinlich auch ganz viel Energie in Deutschland erzeugen müssen. Das führt dann zu den von Ihnen kritisierten Monokulturen, die dann auch die Biodiversität im ländlichen Raum einschränken. Und die Fotovoltaikanlagen sind ja dann die, die eigentlich dafür sorgen, dass die Hitze, die über den Tag kommt, mehr gespeichert wird und dann die Abgabe über die Gebäude, die das Mikroklima erwärmt.


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Herr Loth, kommen Sie jetzt bitte zum Ende.


Hannes Loth (AfD):

Ist das in Ihrem Interesse?


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Frederking, Sie haben jetzt die Möglichkeit, darauf zu antworten.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Loth, für die Fragen. Die letzte Frage fand ich tatsächlich interessant. Ich hoffe, ich weiß sie gleich noch. Ich fange einmal bei der ersten Frage an, weil Sie mir die schon einige Male gestellt haben. Ich habe manchmal das Gefühl, ich werde hier vom Geheimdienst verhört und es wird getestet, ob ich immer wieder das Gleiche sage und konsistent in meinen Aussagen bin.

(Zustimmung)

Ich habe nicht gesagt, dass wir mehr Windanlagen in Sachsen-Anhalt brauchen. Ich habe gesagt, wir brauchen mehr Windenergie. Energie ist

(Zuruf: Wo kommt die denn her?)

Arbeit in Kilowattstunden, physikalisch gesehen. Wir brauchen mehr Windenergie und dazu brauchen wir aber nicht mehr Anlagen. Wir haben jetzt 2 874 Windenergieanlagen in Sachsen-Anhalt. Unser Energieszenario hat berechnet, 2 850 bis 3 100. Also genau in dieser Range sind ausreichend Windenergieanlagen vorhanden, um eine 100-prozentige Versorgung mit Energie hinzubekommen.

Wir brauchen statt der jetzigen Anlagen - diese müssen sukzessive ersetzt werden - eine Erneuerung der bestehenden Anlagen hin zu neuen und leistungsfähigeren Anlagen. Das bedeutet auch das sogenannte Repowering. Dies bietet auch die Chance, ungünstige Altstandorte aufzugeben. Und das ist gut für Mensch, Natur, Artenschutz und für das Landschaftsbild.

Wir können das sogar nicht nur in Einklang bringen, sondern mit unseren Vorschlägen gibt es sogar Verbesserungen.

(Beifall)

Die zweite Frage betraf die Bioenergie. Wir haben schon immer vorgeschlagen, dass die Maismonokulturen als Energiepflanzen ersetzt werden müssen durch Energiepflanzen auch im ökologischen Anbau, durch Pflanzen mit Untersaaten, durch eine Vielfalt und natürlich auch mit Fruchtfolgen.

Dafür gibt es Lösungen, unter anderem auch dafür, in den Anlagen Gülle zu verwerten. Das ist ganz klar. Wir sehen bei den Biogasanlagen, die wir jetzt haben, keinen wesentlichen Ausbaubedarf. Vielmehr meinen wir, dass bei den bestehenden Anlagen die Beschickung geändert werden muss.

Ihre letzte Frage fand ich sehr interessant. Sie haben etwas erzählt, was ich noch gar nicht kannte. Es war diese interessante Geschichte, dass die Solaranlagen warm werden und dann die Gebäude erwärmen. Können Sie diese Frage vielleicht wiederholen? Ist es zulässig, dass er das kurz wiederholt, Frau Präsidentin?

(Heiterkeit)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Nein, liebe Frau Frederking. Herr Loth hat das ohnehin schon weit ausgereizt. Es gibt jetzt auch keine Nachfrage mehr.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Okay. Dann werde ich einfach von unserer Solaranlage berichten. Es ist natürlich ganz prima, wenn man eine Solaranlage auf dem Dach hat. Die Sonnenenergie wird dadurch in Strom umgewandelt. Dadurch, dass die Sonnenstrahlen eben nicht in Wärme auf dem Dach umgewandelt werden, wird das Haus sogar merklich, um mehrere Grade gekühlt.


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Vielen Dank, Frau Abg. Frederking. Es gibt eine weitere Frage. Der Abg. Herr Thomas hat noch eine Frage. - Bitte.


Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich bin der Kollegin Frederking außerordentlich dankbar, dass sie in diesem Zusammenhang, wenn es um den Ausbau erneuerbarer Energien geht, vor allen Dingen von grünen Geschäftsmodellen redet. Denn es ist in der Tat ein Geschäftsmodell, das darauf beruht, mit Subventionen Geld zu verdienen, also mit dem Geld anderer Leute. Man muss ehrlich dazusagen, dass es anders nicht funktionieren würde. Es ist also politisch - andere würden sagen: ideologisch - gewollt.

Ich möchte Sie aber etwas fragen, weil bei mir ein Eindruck entstanden ist, den Sie vielleicht ausräumen können. Sie haben von Kombikraftwerken gesprochen und haben gesagt, man bräuchte eigentlich gar keine Kohle und keinen Atomstrom mehr, weil man es auch so schaffen würde. Sind Sie wie ich der Meinung, dass wir für die Grundlastfähigkeit der deutschen Energieversorgung in den nächsten zehn bis 15 Jahren nicht auf fossile Energieträger verzichten können, wenn wir nicht riskieren wollen, dass es hier zu Stromabschaltungen kommt?


Dorothea Frederking (GRÜNE):

In den nächsten zehn Jahren wird es auch nach unserer Meinung noch fossile Energie geben. Es ist total ambitioniert, aber wir wollen den Umstieg bis 2030 - das sind ja noch zehn Jahre - vollständig geschafft haben. Auf alle Fälle wollen wir spätestens bis 2035 eine Klimaneutralität erreichen. Klimaneutralität umfasst mehr als die Energieversorgung. Das umfasst zum Beispiel auch den Bereich der Landwirtschaft. Auch an diesen Bereich müssen wir natürlich heran. Die Frage ist: Wie können wir etwas ohne Emissionen, ohne klimaschädliche Gase erzeugen? Das gilt auch für den Bereich der Industrie. Aber es ist die Zielmarke, die wir erreichen müssen.

Weltweite Klimaneutralität bis 2035 hinzubekommen heißt sogar nur, dass wir das 1,5-Grad-Ziel mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit werden erreichen können. Wir haben gar keine Zeit mehr. Wir haben schon viel zu viel Zeit verspielt. Deshalb müssen wir jetzt stärker auf die Tube drücken, um das schneller hinzubekommen. Ja, in den nächsten Jahren wird es noch fossile Energien geben. Wir wollen, dass diese sukzessive ersetzt wird.

Ich habe mich außerordentlich gefreut, Herr Thomas, dass Sie jetzt auch anerkannt haben, dass wir in Speichertechniken investieren müssen und dass es dafür auch gute technische Lösungen gibt. Sie haben ja vorher immer abgestritten, dass es gute technische Lösungen gibt. Wir fangen jetzt auch damit an, in die Wasserstoffwirtschaft einzusteigen.

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