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Landtagssitzung am 12.06.2020 | TOP 3: Sichere Auskofferung der Giftschlammgrube Brüchau angehen

Video Landtagsrede am 09.07.2020: Einbringung von Dorothea Frederking >>> Video Landtagsrede am 09.07.2020: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

12.06.20 –

Video Landtagsrede am 09.07.2020: Einbringung von Dorothea Frederking >>>

Video Landtagsrede am 09.07.2020: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>>

Hier zur gesamten Debatte mit allen Redebeiträgen und Drucksache 7/6127 >>>

Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

1. Einbringung

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist genau so, wie die Präsidentin es dargestellt hat: Die Bürgerinitiative „Saubere Umwelt und Energie Altmark“ ist im Haus. Viele Bürgerinnen und Bürger aus der Altmark haben vorhin auf dem Domplatz für die Beseitigung der Giftschlammgrube Brüchau demonstriert.

(Zurufe)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Frederking, einen kleinen Moment bitte. Der Ton ist wohl zu leise. - Können Sie diesen bitte etwas lauter machen? - Kollegin Frederking, einfach etwas näher an das Mikrofon gehen; das war der Hinweis aus der Regie. Bitte, Sie dürfen fortfahren.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Heute ist wirklich ein historischer Tag; so kann man das sagen.

(Zustimmung)

Ich möchte noch einmal zurückblicken. Stellen Sie sich vor, in Ihrer Nachbarschaft ist ein See - umzäunt, abgesperrt und überwacht, umsäumt mit grünen Büschen und Bäumen. Doch was idyllisch anmutet, enthält ein gefährliches Giftgemisch. Niemandem wird zugestanden, zu wissen, was sich darin genau befindet, ob die Grube dicht ist oder ob Gifte ins Grundwasser gelangen. Unwohlsein sowie die Angst um Gesundheit und Umwelt machen sich breit. Wenn angesprochene Missstände auch noch von einigen zuständigen Behörden nicht ernst genommen werden, dann sind Unmut und Resignation groß.

Mit dieser Situation mussten die Menschen in Brüchau, einem kleinen Ort in der Einheitsgemeinde Kalbe (Milde) in der westlichen Altmark, über Jahrzehnte leben. Direkt vor ihrer Haustür befindet sich eine ehemalige Tongrube, in die einfach Schadstoffe gekippt wurden.

Doch seit der Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse im Abschlussbericht zur Obertagedeponie Brüchau mit Stand vom 13. Mai 2020 gibt es erneut eindeutige Fakten zum Deponieinhalt, zu den Schadstoffen im Sandboden unter der Deponie sowie im Grundwasser sowie zur Beschaffenheit und zur Dichtigkeit der Deponie.

Der nun vorliegende Abschlussbericht bestätigt das, was viele schon vorher gesagt haben, was der Altmarkkreis Salzwedel, die Stadt Kalbe, die Bürgerinitiative „Saubere Umwelt und Energie Altmark“ und die Menschen vor Ort aus vorherigen Gutachten, Messergebnissen, eigenen Beobachtungen und Augenzeugenberichten schon lange wissen: Die Giftgrube ist undicht und das Inventar ist gefährlich für Mensch, Umwelt, Tiere und das Grundwasser.

(Beifall)

Die Grube kann nicht an Ort und Stelle bleiben. Nur mit der vollständigen Auskofferung und sicheren Verbringung des Grubeninventars in Deponien an anderen Standorten können die Menschen vor Ort wieder ohne Angst und Sorgen um ihre Gesundheit leben. Nur dann werden die Gefährdungen für die Umwelt und die Kontamination des Grundwassers gebannt sein. Genau deshalb wollen wir mit dem Antrag erreichen, dass konkret geplant wird, wie das funktionieren kann.

Die aktuellen Untersuchungsergebnisse werden von allen Seiten anerkannt. Endlich gibt es eine Basis für eine Aktualisierung der Gefährdungsabschätzung und eine Neubewertung von Schließungsvarianten wird möglich. Endlich werden die Schlussfolgerungen gezogen, die man schon lange hätte ziehen können.

In unserem Antrag nennen wir als Zielbestimmung eine Vorzugsvariante: Auskofferung des Deponats und Weiterverbringung in zugelassene Deponien an anderen Standorten. Das ist eine von drei Schließungsmöglichkeiten, die Neptune Energy als Betreiberfirma aufzeigt. Es ist die Variante, die die Menschen, die Behörden und die Politikerinnen der Altmark seit Langem und immer wieder fordern. Dieser muss jetzt nachgegangen werden, damit die Auskofferung und der Abtransport des Deponats so schnell wie möglich beginnen können.

Die beiden anderen Varianten sind a) die Umlagerung auf dem Gelände in eine neue Deponie und b) die Abdichtung der Fehlstellen in der Geschiebemergelschicht.

Schauen wir noch einmal zurück. Bei der Obertagedeponie Brüchau handelt es sich nicht um eine Deponie im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes,

(Zustimmung)

vielmehr ist sie eine Anlage zur Ablagerung von bergbaulichen Abfällen, die nach der Allgemeinen Bundesbergverordnung einzuordnen ist.

Deshalb ist auch das Landesamt für Geologie und Bergwesen zuständig.

Bei der Grube handelt es sich um eine regelrechte Giftschlammgrube, bestehend aus einem Cocktail aus gefährlichen chemischen Substanzen. Rund die Hälfte des ursprünglichen Kerndeponats ist an den Seiten schon mit Boden abgedeckt worden. Es ist also schon verfestigt worden. Das sieht man im östlichen und westlichen Bereich.

Die Einlagerung in diese Grube erfolgte im Zeitraum von 1972 bis 2012. Neben bergbaulichen Abfällen aus der Erdgasförderung - dazu zählen Gesteins- und Bodenaushub, Rückstände aus der Gasreinigung und aufkonzentrierte Reinigungsschlämme aus Rohren und Armaturen - wurden in der ehemaligen Tongrube bis zum Jahr 1990 auch bergbaufremde Abfälle eingelagert, unter anderem Pflanzenschutzmittel, Teerreste und Galvanikschlämme.

Dass das dort eingelagert wurde, wird jetzt auch im Abschlussbericht bestätigt. Das Schadstoffinventar weist eine ganze Reihe an Chemikalien, Chlorid, Sulfat, Arsen, Barium, Blei, Kupfer, Quecksilber, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Mineralölkohlenwasserstoffe, Benzol, Herbizide und Organochlorpestizide. Allein die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe sind besorgniserregende Stoffgruppen. Sie können krebserregend und erbgutverändernd sein. Einige bleiben lange in der Umwelt und werden dort kaum abgebaut, wiederum andere sind sehr giftig für Menschen und andere Organismen.

Beim Deponat wurde sowohl der feste Teil am Rande, also das, was ich eben beschrieben habe, dieser abgedeckte Teil, als auch die Flüssigkeit untersucht. Überall zeigt sich, dass es keine Homogenität bei den Schadstoffen und deren Mengen gibt. Vor der Endlagerung müssen die Schadstoffe auch unterschiedlichen Deponieklassen zugeordnet werden.

Untersucht wurden auch der gewachsene Sandboden unterhalb der Deponie und das Grundwasser. Auf der Seite 118 des Berichts ist zu lesen, dass von den ermittelten Bodenbelastungen und dem aufkonzentrierten Sickerwasser eine Gefährdung für das Schutzgut Grundwasser ausgeht. Ein Eintritt von Schadstoffen in das Grundwasser hat bereits stattgefunden.

Es ist ja nicht so, dass mit dem Abschlussbericht vom 13. Mai erstmalig Untersuchungsergebnisse vorliegen, die die Gefährdungen und Bedrohungen, die von der Giftschlammgrube in Brüchau ausgehen, zeigen würden. Aus der Vergangenheit existieren bereits zahlreiche Gutachten und kontinuierliche Messungen des Grundwassers, unter anderem zu finden in den Kleinen Anfragen, die ich bereits seit dem Jahr 2015 gestellt habe.

Mehrere Gutachten weisen nach, dass die Grube nicht dicht ist. Ich zitiere aus einem Schreiben des Staatlichen Amtes für Umweltschutz Magdeburg vom September 2000: Durch die bisher durchgeführten Untersuchungen ist nachgewiesen, dass die natürliche Abdichtung der Deponie nicht den Austrag von Schadstoffen verhindert.

Mit dem aktuellen Bericht wird die Undichtigkeit eindeutig belegt. Man ist immer wieder davon ausgegangen, dass eine durchgängige Geschiebemergelschicht mit einer Mächtigkeit am Grubenboden von mindestens 0,7 m eine natürliche Barriere darstellt und eine Basisabdichtung zum darunter liegenden Sandboden sicherstellt. Im Stichprobenverfahren wurden allerdings drei Stellen ohne Geschiebemergel entdeckt. Weitere Sondierungen hatten Stellen mit einer Mächtigkeit von weniger als 0,3 m ergeben. Die Barriere funktioniert nicht. Das zeigt sich auch an den Kontaminationen im Grundwasser.

Es ist gut, dass nun alle beteiligten Behörden aufgrund der jahrelangen Proteste und der seriösen fachlichen Auseinandersetzungen die Erkenntnisse ernst nehmen.

(Zustimmung)

An dieser Stelle möchte ich auch all denjenigen danken, die sich mit großem Engagement für eine Beseitigung der Grube einsetzen. Insbesondere möchte ich der Bürgerinitiative „Saubere Umwelt & Energie Altmark“ danken.

(Zustimmung)

Ich möchte betonen, dass bei allen Protesten gegen die Grube immer ein fachlicher Diskurs stattgefunden hat. Diesen haben der Bürgermeister Herr Ruth aus Kalbe und ich durch die von uns initiierten Kalbe-Runden befördert, an denen auch alle Vertreterinnen und Vertreter der maßgeblichen Behörden beteiligt waren.

Es gibt inzwischen eine große Bereitschaft, das Problem anzugehen. Lange hieß es, von der Grube gehe keine Gefahr aus. Deshalb wurde die Notwendigkeit der Auskofferung und Verbringung der Schadstoffe nicht verfolgt. Immer, wenn das vorgeschlagen wurde, also doch auszukoffern und die Schadstoffe zu verbringen, gab es reflexartige Reaktionen mit einer Reihe von Fragen: Geht das überhaupt? Wo gibt es geeignete Deponien? Unter welchen Vorkehrungen muss das gemacht werden? Sind Einhausungen oder Überdachungen erforderlich? Wie müssen die Mitarbeitenden geschützt werden? Kann etwas in die Luft entweichen? Müssen Stoffe aus dem Schadstoffgemisch getrennt und aufbereitet werden, bevor sie endgelagert werden können?

Man denke dabei an die neue Quecksilber-Richtlinie, die besagt, dass Quecksilber unter Tage gelagert werden muss. Man kann sich vorstellen, dass eine Anforderung an das Deponat aus Brüchau darin bestehen wird, dass man Quecksilber abtrennt.

Es gab Fragen wie: Wie kann der Transport funktionieren? Wie viele Lkw sind das usw. usw.? - Alles berechtigte Fragen, aber viel berechtigter ist es, diesen Fragen endlich nachzugehen.

(Zustimmung)

Das ist auch das, was die Betroffenen erwarten. Sie haben ein Recht darauf, nachdem sie jahrelang hingehalten wurden.

Weitere Verzögerungen darf es nicht geben. Deshalb fordern wir im Kern unseres Antrages, dass unverzüglich ein genehmigungsfähiger Plan für eine zügige und sichere Beseitigung der gesamten Giftschlammgrube erarbeitet wird. Dazu gehört auch, dass der Abtransport und die sichere Endlagerung an anderen Standorten sowie die Maßnahmen zur Renaturierung und zum Gewässerschutz einschließlich der Reinigung des kontaminierten Grundwassers recherchiert werden.

Genehmigungsfähig bedeutet, dass die Variante auch machbar sein muss. Es ist für uns selbstverständlich und logisch, dass die endgültige Entscheidung zur Schließung erst nach der Beplanung und dem Nachweis der Machbarkeit erfolgen kann. Wichtig ist auch, dass Abtransport und Endlagerung nicht zu neuen Gefährdungen von Mensch und Umwelt führen. Es ist also zu klären, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen.

Neben diesen technologischen Randbedingungen werden auch die Kosten ermittelt werden. Für die endgültige Stilllegung werden die Betreiberfirma 10 % und das Land über die Landesanstalt für Altlastenfreistellung 90 % bezahlen, wobei die Kosten nicht zum entscheidenden Argument werden; denn das haben wir in einem anderen Landtagsbeschluss schon festgehalten.

(Zustimmung)

Dennoch sei an dieser Stelle auch zur Einordnung einmal erwähnt, dass seit dem Jahr 1994 für den Rückbau der Erdgasanlagen 256 Millionen € über die Landesanstalt für Altlastenfreistellung ausgegeben worden sind.

(Zustimmung)

Wenn man das einmal hochrechnet, dann stellt man fest, dass rund 10 Millionen € pro Jahr ausgegeben worden sind.

Mit dem Arbeitsauftrag in unserem Antrag kommen wir in großen Schritten dem Ziel des Rückbaues mit Ausbaggerung und Verbringung des Grubeninhaltes näher, damit endlich alle Gefährdungen für die Menschen und für die Umwelt beseitigt werden.

Deshalb bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu. - Vielen Dank.

(Zustimmung)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Vielen Dank für die Einbringung, Frau Abg. Frederking. Ich habe zwei Wortmeldungen. Als Erster hat sich Herr Abg. Lieschke gemeldet. - Sie haben das Wort. Bitte.


Matthias Lieschke (AfD):

Frau Frederking, die AfD-Fraktion hat sich im Wirtschaftsausschuss dem Thema Brüchau angenommen und dort einen Selbstbefassungsantrag gestellt. Schon immer war klar: Es ist unsicher, ob die Grube dicht oder nicht dicht ist.

Sie haben vorhin in Ihrer Rede gesagt, dass Sie seit dem Schreiben aus dem Jahr 2015 eigentlich wissen, dass die Grube undicht ist. Sie haben mehrfach die Gelegenheit gehabt, den Anträgen der AfD-Fraktion, die jedes Mal die Auskofferung beantragt hat, zu folgen. Warum haben Sie zu der Zeit nicht zugestimmt, also in den Jahren 2017, 2019? Ich möchte mich jetzt nicht auf das genaue Datum festlegen.

Ging es darum, dass dies von der AfD ist und es Ihre politische Entscheidung ist, unserem Antrag nicht zustimmen zu können? Oder geht es eher darum, den Bürgern zu folgen und im Interesse der Bürger zu handeln? Denn wir hier im Hohen Hause müssten bei einem so wichtigen Thema alle an einem Strang ziehen.

Wir haben Gefährdungen der Bürger vor Ort,

(Zustimmung)

und Sie als GRÜNE waren nicht bereit, sich dafür einzusetzen und den Interessen der Bürger nachzugehen. Wie stehen Sie jetzt dazu?


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Abg. Frederking, bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Wenn Sie mich persönlich ansprechen - das haben Sie gerade getan  , dann muss ich Sie eines Besseren belehren. Ich war nicht nur bereit, sondern ich habe das seit dem Jahr 2015 zusammen mit den Menschen vor Ort auf die politische Agenda gehoben. Damals haben wir schon Veranstaltungen durchgeführt. Damals haben wir Kleine Anfragen gestellt und darüber aufgeklärt, was in der Grube qualitativ ist.

Wir haben uns vom Landesamt für Geologie und Bergwesen zuarbeiten lassen, was sich in der Grube befindet. Dort befindet sich unter anderem Quecksilber. Es gibt mehrere Belege dafür, dass die Grube undicht ist. Einen Beleg des Staatlichen Amtes für Umwelt aus dem Jahr 2000 habe ich zitiert.

Wir haben hier im Landtag vor rund zwei Jahren abgestimmt, dass die Grube untersucht wird, also das Deponat. Es sollte festgestellt werden, was genau darin ist, in qualitativer und auch in quantitativer Hinsicht, also in welchen Mengen das darin ist und wo sich was befindet.

Wenn Sie mir zugehört haben, dann haben Sie auch bemerkt, dass die Ergebnisse zeigen, es ist nicht homogen. Also an einigen Stellen gibt es mehr Schwermetalle und an anderen Stellen gibt es mehr Chlorid. Das wird auch Auswirkungen auf den konkreten Plan haben, wenn es darum geht: Wie wird das Deponat entfernt? Muss es aufbereitet werden? Muss man da vielleicht eine kleine chemische Anlage bauen, um die Schadstoffe zu trennen?

Wir haben immer gesagt, wir müssen wissen, was genau darin ist, wie viel ist genau darin und wo ist es, damit man weiß, wie es behandelt und wohin es verbracht werden muss.

Ich gehe davon aus, dass das Deponat nicht nur auf eine Deponie verbracht wird, sondern dass es so sein wird - im Unterbrechungsbericht wird auch dargestellt, dass es mehrere verschiedene Schadstoffkategorien sind  , dass es in unterschiedliche Deponieklassen kommt. Aus dem Grund ist es wichtig, dass die Untersuchungen gemacht worden sind. Das sind die Vorarbeiten für den konkreten Plan. Diese Vorarbeiten waren nicht umsonst.

Aber was wir wollen und wozu wir uns in diesem Antrag ganz klar bekannt haben, ist Folgendes: Jetzt ist die Zeit gekommen, der Auskofferung und Verbringung des Deponats nachzugehen. Und jetzt ist die Zeit gekommen, diesen Plan umzusetzen, damit es dann möglichst schnell zur kompletten Beseitigung der Grube kommt.

(Zustimmung)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Herr Lieschke, weil Sie stehen bleiben, signalisieren Sie eine Nachfrage. Aber ich bitte Sie, wirklich nur eine kurze Nachfrage zu stellen.


Matthias Lieschke (AfD):

Ja. - Frau Frederking, erst einmal danke für Ihre Rede Nr. 2, die Sie jetzt gehalten haben. Mit ist klar, dass meine Frage für Sie ein bisschen unangenehm ist. Meine Frage war eigentlich    


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich habe Ihre Frage konkret beantwortet, ganz konkret.


Matthias Lieschke (AfD):

Meine Frage war eigentlich: Wie haben Sie über die Anträge bezüglich der Auskofferung abgestimmt? Meiner Kenntnis nach haben Sie gegen unsere Anträge bezüglich der Auskofferung gestimmt. Stimmen Sie mir da zu?

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE - Unruhe)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Frederking.


Matthias Lieschke (AfD):

Es ist einfach zu beantworten.

(Zuruf - Unruhe)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Wir als Koalition haben mehrere Anträge ins Plenum eingebracht, mehrere Alternativanträge. Diesen Anträgen habe ich immer zugestimmt.

(Zustimmung - Zurufe: Dagegen gestimmt! - Unruhe)


Matthias Lieschke (AfD):

Keine Auskofferung. Danke schön.

(Zuruf: Bei jedem Antrag dagegen gestimmt!)


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wenn Sie hier vorn jemanden haben, der eine Frage gestellt bekommt, dann müssen Sie ihm auch die Gelegenheit geben, zu antworten. Sie können die Antwort nicht kritisieren, weil sie Ihnen nicht gefällt. - Wir haben eine weitere Wortmeldung. Herr Abg. Loth, bitte.


Hannes Loth (AfD):

Nachdem sich Frau Frederking jetzt - schallt das, hört man mich? - um die Antwort herum gewunden hat, möchte ich Folgendes festhalten: Frau Frederking, Sie haben mit Nein gestimmt zu den AfD-Anträgen, Sie haben mit Ja gestimmt zu den Koalitionsanträgen, die immer nur Alternativanträge und nicht weitreichend genug waren.

(Zurufe)

Aber ich möchte Ihnen noch eine Frage stellen. Seit 2016, Frau Frederking, haben Sie selbst gewusst, was in der Grube drin ist. Sie haben eine Kleine Anfrage gestellt, die am 11.02.2016 veröffentlicht wurde. Seitdem wissen Sie auch, was da qualitativ drin ist.

Sie wissen auch, dass die Grube seit dem Jahr 2000 undicht ist. Das haben Sie vorhin selbst gesagt. Sie haben am 22.04.2017 den Antrag der AfD zum ersten Mal abgelehnt. Somit haben Sie jetzt drei Jahre weiter zugelassen, dass Giftwasser von der Grube ins Grundwasser gelangt ist und die Leute weiter vergiftet. Das ist erst einmal eine Feststellung, die ich hier treffe.

Sodann möchte ich Sie zur - wie haben Sie gesagt? - Neubewertung von Schließungen fragen. Dazu haben Sie jetzt eine priorisierte Art der Schließung, der Auskofferung und der Abdeckung genannt. Sie wissen aber ganz genau, dass der Altlastenfonds gesagt hat, die gucken wohl nach dem Geld.

Meine Frage ist: Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, dass jetzt Ihre Variante durchgesetzt wird und nicht die zweite, dritte, vierte oder sogar fünfte oder sechste, die es vielleicht auch noch geben wird?


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Frederking, bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Herr Loth, wir wollen uns nicht einsetzen, sondern wir setzen uns ein, nämlich genau mit diesem Antrag.

(Beifall)

Dieser Antrag hat die ganz klare Zielbestimmung, Auskofferung und Verbringung des Deponats in Deponien an anderen Standorten. Das ist genau das, was viele seit Langem gefordert haben, was die Menschen vor Ort wollen. Und dieser Variante wird jetzt nachgegangen.

Ich stelle hier fest, dass die Untersuchungsergebnisse, die in den vergangenen zwei Jahren erzielt worden sind, keine Zeitverschwendung waren in dem Sinne, dass dies nutzlos gewesen wäre, sondern in wiederhole das, was ich ganz konkret auf die Frage von Herrn Lieschke geantwortet habe: Diese Untersuchungsergebnisse sind jetzt die Grundlage, weil wir ganz genau wissen, dass nicht nur Qualität, sondern auch Quantität ausschlaggebend sind.

Ich wiederhole mich noch einmal: Wir wissen auch, wo, welche Schadstoffe in welcher Konzentration sind. Und diese Vorarbeiten sind wichtig und Grundlage, um diesen genehmigungsfähigen Plan zu machen, der als Ziel die Auskofferung und Verbringung des Deponats hat.


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Vielen Dank. - Herr Loth, Sie haben noch eine kurze Nachfrage. Bitte.


Hannes Loth (AfD):

Frau Frederking, aus Ihrer Arbeit wissen Sie sicherlich auch oder können vielleicht abschätzen, wie lange es denn dauert, bis dieser Plan erstellt ist und wann der erste Bagger dort anrollt, um die Grube auszukoffern. - Dies nur einmal so pauschal.


Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Frederking.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich gehe davon aus, dass das unverzüglich erfolgt, wenn der Plan vorliegt.

(Heiterkeit und Zurufe)

Nach meiner Einschätzung wird das in wenigen Jahren der Fall sein. Weil bereits sehr viele Vorarbeiten gemacht wurden, denke ich daran, dass das sogar nur noch Monate dauern wird.

2. Debattenbeitrag

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist klar geworden, wir wollen und müssen die endgültige Schließung der Giftschlammgrube Brüchau voranbringen. Das sind wir den Menschen und der Umwelt schuldig.

Deshalb sollen jetzt unverzüglich die Auskofferung und der Abtransport des Grubeninhalts konkret und detailliert beplant werden. Das ist der Auftrag, der in unserem Antrag steckt. Darum bittet die Bevölkerung seit Jahrzehnten, und das ist die logische Konsequenz aus der Tatsache, dass alle Grundlagen zum Schadstoffinventar und zur Grubenbeschaffenheit jetzt tatsächlich vorliegen.

Ein anderes Vorgehen und weitere Verzögerungen wären nicht vermittelbar und nicht vertretbar. Deshalb kann ich es auch nicht verstehen, dass jetzt schon wieder reflexartig die Frage kommt: Wie viel soll das kosten? Mit dieser Frage werden wieder Bedenken formuliert, die nicht zielführend sind;

(Zuruf)

denn es ist ja gerade das Wesen dieses Plans, dass die Kosten ermittelt werden sollen. Das ist ein Teil des Plans. Es kommt dazu, wenn dieser Plan gemacht wird.

Besonders wir GRÜNEN haben von Anfang an im gemeinschaftlichen Schulterschluss und im gemeinsamen Agieren insbesondere mit der Bürgerinitiative bisher die Abdeckvariante verhindern können. Doch viele Jahre sind ins Land gegangen ohne eine Perspektive auf eine endgültige Lösung - das zermürbt.

Die Menschen in der Altmark wollen die Gifte einfach nicht mehr vor ihrer Haustür haben. Ihnen jetzt anbieten zu wollen, dass eine Umlagerung des Deponats in einer neuen Lagermöglichkeit auf demselben Gelände erfolgen könnte, ist absurd. Diese von Neptune Energy genannte zweite Variante ist für uns mehr als verfehlt - ganz unabhängig davon, dass eine neue Deponie ein langes Genehmigungsverfahren erfordern würde.

Auch die Variante, die Fehlstellen in der Geschiebemergelschicht auszubessern, bewerten wir als abwegig. Die identifizierten Fehlstellen sind im Stichprobenverfahren ermittelt worden. Es kann also noch viel mehr Fehlstellen geben, und den ganzen Grubenboden abdichten zu wollen, das wird technisch nicht funktionieren. Auch diese Variante kann keine ernsthafte Möglichkeit sein.

(Zustimmung)

Allein aus fachlichen Erwägungen kommt nur die Variante Auskofferung und Abtransport infrage. Auch wenn der Antrag der Fraktion DIE LINKE in die gleiche Richtung geht, ist unser Antrag der Koalitionsfraktionen konkreter und zielgerichteter, weil alle zu beplanenden Verfahrensschritte konkreter benannt werden: das Herausholen des Giftcocktails, der Abtransport zu geeigneten Deponien an anderen Standorten, die Renaturierung des Geländes und die Reinigung des kontaminierten Grundwassers.

Aus diesem Grund meinen wir, dass es nicht erforderlich ist, jetzt den Antrag der LINKEN noch in den Ausschuss zu überweisen. Wir meinen einfach, dass das Anliegen, das dort formuliert ist, in unserem Antrag enthalten ist, und sich der Antrag der LINKEN damit erübrigt.

Erstmalig wird von allen anerkannt, dass die Grube undicht ist. Alle sind sich einig: keine Verzögerungen mehr. Genau darum ist es auch an der Zeit, ernst zu machen und einen genehmigungsfähigen Plan zur vollständigen Beseitigung zu erarbeiten.

Ich wiederhole es: Dieser Plan wird auch die Kosten enthalten. Dann werden wir sehen, wie viel finanziert werden muss. Die Zeiten des Herumlavierens sind vorbei. Ziel muss sein, wie es heute auch auf dem Domplatz bei der Demo formuliert wurde: „Der Dreck muss weg! Entgiftung jetzt!“ - Vielen Dank.

(Beifall)

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