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Landtagssitzung am 04.02.2021 | TOP 2: Regierungserklärung der Ministerin des MULE zum Thema Wald

Video Landtagsrede am 04.02.2021: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

04.02.21 –

Video Landtagsrede am 04.02.2021: 
Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>>

Hier zur gesamten Debatte mit allen Redebeiträgen >>>

Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Abgeordnete! Klimaschutz ist Waldschutz und Waldschutz ist Klimaschutz.

(Zuruf)

Leider sieht es in den Wäldern dramatisch aus. Dürre, Stürme und Schädlinge haben schon jetzt 25 000 ha Wald in Sachsen-Anhalt zerstört. Die Schäden erstrecken sich auf alle Baumarten aller Altersklassen und alle Waldarten, ob Wirtschaftswald oder weitgehend naturbelassener Wald. Selbst heimische Laubbäume, wie Eiche und Buche, sterben an vielen Standorten ab.

Die menschengemachte Klimakatastrophe ist die Hauptursache für das Waldsterben. Der Wald ist das erste große Opfer der Klimakatastrophe in unserer Region. Es gibt einfach nicht genug Wasser, sodass die Bäume anfällig werden oder regelrecht vertrocknen.

Wie immer im Leben wird es deshalb nichts bringen, sich nur mit den Symptomen zu beschäftigen. Wir müssen auch an die Ursache heran; denn wenn sich der Klimawandel verschärft, hat der Wald gar keine Überlebenschance mehr. Wir werden überhaupt nur dann robuste Wälder schaffen können, wenn wir gleichzeitig den CO2-Ausstoß drastisch reduzieren und die negativen Klimaauswirkungen bremsen.

(Zustimmung)

Konsequenter Klimaschutz bedeutet Klimaneutralität bis spätestens zum Jahr 2035. Konsequenter Klimaschutz bedeutet, alle Maßnahmen zu ergreifen, und zwar von allen.

Bei einer Baumpflanzaktion im Oktober 2020 auf Einladung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald in Glindenberg haben wir 500 Stieleichen im Auengebiet gepflanzt. Fast alle kamen mit dem Auto angerauscht. Da passen Anspruch und Wirklichkeit nicht wirklich zusammen. - So weit zur Analyse von Problem und Ursache.

Wie sieht nun die Lösung aus? - Durchaus realistisch scheint es zu sein, dass in der Zukunft einige der heutigen Waldstandorte gänzlich aufgegeben werden müssen, weil dort selbst trockenresistente Bäume nicht mehr wachsen können, zum Beispiel auf den trockenen Sandböden im Fläming. Eine künstliche Bewässerung zum dauerhaften Erhalt von Wäldern erscheint im Moment viel zu aufwendig. So bleibt im nächsten Schritt die Wiederaufforstung.

Ziel ist, klimastabile Wälder zu bekommen. Die Bäume müssen standortgerecht sein, sodass ihre Ansprüche möglichst mit den Eigenschaften des Standortes übereinstimmen. Zudem darf die Baumart keine negativen Einflüsse auf den Standort haben.

Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt hat hierfür eine Entscheidungshilfe zur Wahl von standortgerechten Bestandszieltypen unter sich ändernden Klimabedingungen zur Verfügung gestellt. Trotz der Forschungen haben wir es mit sehr vielen Unwägbarkeiten zu tun. Daher danke ich Ministerin Dalbert für ihre Ehrlichkeit, wenn sie sagt, dass wir nicht genau wissen, welche Baumarten die Baumarten der Zukunft sein werden.

Wir wissen jedoch, dass Monokulturen - das sind großflächige Gebiete - mit überwiegend gleichaltrigen und gleichartigen Baumbeständen instabiler und vulnerabler sind, unter anderem für spezialisierte Schädlinge und auch bei Stürmen.

Eine viel bessere Chance auf Stabilität haben Mischwälder mit Bäumen verschiedener Arten und Altersklassen. Grundsätzlich sollte ein Kahlschlag ausgeschlossen werden. Bei Mischwäldern ist mehr Stabilität gegeben. Aber wir wissen eben noch nicht, welche Bäume sich gut an den Klimawandel anpassen können. Deshalb setzt man bei Mischwäldern auf eine höhere Vielfalt. Die Hoffnung dieser Strategie besteht darin, mit einer anderen Baumgruppe weiter zu wirtschaften, wenn eine Baumgruppe stirbt.

Um die wichtigen Ökosystemdienstleistungen, wie CO2-Bindung, Reinigung und Kühlung der Luft, Wasserspeicherung, Stabilisierung des regionalen Klimas, und nicht zuletzt auch den Lebensraum für Tiere und Pflanzen, dauerhaft zu erhalten, brauchen wir stabile standortgerechte und klimaangepasste Mischwaldbestände.

Für den Wald der Zukunft müssen wir aber mehr als nur die Baumarten ändern. Wir brauchen mehr Waldränder, wie beispielsweise die FSC-Zertifizierung vorschreibt. Diese sind mindestens 30 m breit und bestehen aus Laubbäumen, einem Strauchmantel und einem blütenreichen Kräutersaum.

Es ist gut, dass der Umbau zu naturnahen Mischwäldern mit öffentlichem Geld gefördert wird. Bei unserer letzten Debatte zum Wald im Oktober 2019 war noch vorgesehen, für die folgenden fünf Jahre Mittel in Höhe von 2,5 Millionen € pro Jahr für den Waldumbau und den Waldschutz zur Verfügung zu stellen. Inzwischen hat sich die Summe für diese beiden Richtlinien auf 17 Millionen € pro Jahr erhöht - siebenmal so viel. Mit weiteren Fördertöpfen ergibt sich aktuell ein Fördervolumen von 21,5 Millionen € pro Jahr für den Privatwald und den Kommunalwald. Dieser sehr hohe Aufwuchs zeigt, dass der Wald von der Politik als gravierendes Problem wahrgenommen wird.

Wir haben diese öffentlichen Gelder für den Wald frei gemacht und wollen die Waldbesitzenden mit ihren Problemen nicht allein lassen. Aber das viele Geld wird nur dann zur Heilung des Waldes beitragen können, wenn wir eben nicht weiterhin durch die Aufheizung des Klimas den Wald krankmachen. Es braucht also den Klimaschutz. Ohne den parallelen Klimaschutz wird es eben nicht gehen.

Der Forstbereich hat einen sehr hohen Stellenwert und wird gestärkt. Dazu sollen auch Unterstützungen helfen wie Verbesserungen beim Brandschutz, die Einrichtung von Nasslagern und die Sicherstellung von hochqualitativem heimischen Saatgut.

Ich befürworte es, sehr langlebige Produkte aus Holz herzustellen, speziell Möbel und Spielzeug. Dafür bieten sich natürlich Häuser an. Als grüne Landtagsfraktion haben wir uns deshalb im letzten Jahr im Rahmen der Novellierung der Bauordnung dafür eingesetzt, dass Bauen mit Holz einfacher wird.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD - Weitere Zurufe)

Dabei werden auch gleichzeitig emissionsintensive Stoffe wie Beton verdrängt.

(Ulrich Siegmund, AfD: Wo kommt denn das Holz her? Aus Südamerika!)

- Es gibt immer Holz, das noch wächst. Dieses Holz soll auch genutzt werden.

(Ulrich Siegmund, AfD: Am Amazonas! - Weitere Zurufe von der AfD)

Bei der energetischen Nutzung des Holzes müssen wir natürlich genau darauf achten, dass Holz im regionalen Bezug in dem Umfang seiner Verwertung wieder nachwachsen kann. Alles andere wird nicht funktionieren.

Ich bin jetzt auf die Nutzung des Holzes eingegangen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten. Dennoch sieht es zurzeit für die Betriebe nicht rosig aus; denn es gibt ein Überangebot aufgrund der Schäden. Es gibt einen dramatischen Preisverfall. Es kommt hinzu, wie zuvor von mir beschrieben, dass der Klimawandel das wirtschaftliche Modell eines funktionierenden Wirtschaftswaldes immer schwieriger macht. An einigen Standorten wird man sich davon vielleicht auch verabschieden müssen.

Herr Daldrup hat danach gefragt, wie wir den Wirtschaftswald stärken können. Ich möchte deshalb in die Debatte einbringen - das hat Jürgen Barth vorhin auch angedeutet  , dass die Ökosystemdienstleistungen bezahlt werden könnten. Der Erhalt der Ökosystemdienstleistungen muss im Zweifel Vorrang vor der Holznutzung haben.

Wir sollten wirklich offen dafür sein, über neue Finanzierungsmodelle zu diskutieren. Es ist zum Beispiel denkbar, dass wir diejenigen, die ökologische Leistungen erbringen, indem sie den Wald anpflanzen, indem sie ihn pflegen, sich um den Wald kümmern, sodass er zur CO2-Bindung beitragen kann, oder indem sie Totholz als Lebensraum für Tiere liegen lassen, dafür fair bezahlen. Es ist denkbar, dafür einen Teil der neu eingeführten CO2-Abgabe zu nutzen. Wir wissen, dass die derzeitige Abgabe in Höhe von 25 € pro Tonne in keiner Weise die Folgekosten abbildet. Das Umweltbundesamt hat deren Höhe mit 180 € beziffert. Von daher sollte eine höhere CO2-Abgabe angestrebt werden, die wiederum Spielräume für die Bezahlung der Ökosystemdienstleistungen des Waldes bieten könnte.

(Volker Olenicak, AfD: Vergesst nicht, das den Wählern zu sagen! - Daniel Rausch, AfD: Den Autofahrern!)

Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Abg. Frederking, Ihre Redezeit ist zu Ende. Ich bitte Sie, den letzten Satz zu formulieren.

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Die größte Herausforderung beim Wald

(Zuruf von Volker Olenicak, AfD)

bleibt aber eine ausreichende Wasserverfügbarkeit. Deshalb müssen wir an der Stellschraube des Wassermanagements drehen und sofort einen Paradigmenwechsel einleiten mit der Zielvorgabe, dass die Unterhaltungsverbände das Wasser nicht nur über die Gräben ableiten, sondern auch dafür sorgen, dass das Wasser gehalten werden kann. Als Gesellschaft sollten wir in gemeinschaftlicher Anstrengung probieren, alle Maßnahmen für einen klimastabilen

Präsidentin Gabriele Brakebusch:

Frau Frederking, das sind jetzt schon mehr als zwei Sätze.

Dorothea Frederking (GRÜNE):

und zukunftsfähigen Wald     Zwei Sätze waren es.

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