Videos Landtagsreden am 22.06.2022:

22.06.22 –

Videos Landtagsrede am 22.06.2022: 

Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>>

Hier zur gesamten Debatte mit allen Redebeiträgen >>>

Debattenbeitrag im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Abgeordnete! Wir haben schon vor langer Zeit vorgerechnet: 100 % erneuerbare Energien sind machbar, sicher und bezahlbar, und das sogar bilanziell von der Fläche von Sachsen-Anhalt, inklusive einer Mitversorgung von Ballungsräumen.

Doch leider folgt die vorliegende Beschlussempfehlung dieser klaren Ausrichtung zur Erreichung von langfristiger Preisstabilität, Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit nicht konsequent. Die Beschlussempfehlung lässt Hintertürchen offen, setzt Fehlanreize, liefert wenig Konkretes. Wir lehnen sie deshalb ab.

Erneuerbarer Strom wird zur maßgeblichen Primärenergie. Mit Stromgestehungskosten von 3 bis 6 Cent bei Freiflächenfotovoltaik pro Kilowattstunde und von 4 bis 8 Cent bei Wind Onshore wird Bezahlbarkeit garantiert. Zum Vergleich: Aktuell sind es beim Erdgas 11 bis 28 Cent.

Stichwort: Wärmepumpen, Solarthermie und die Nutzung von Abwärme. Diese sind viel günstiger als Erdgas, dessen Preise inzwischen durch die Decke gegangen sind, zum Teil auch schon eine Verdreifachung. Natürlich, zielgerichtet brauchen wir einen sozialen Ausgleich. Mein Kollege Olaf Meister ist darauf eingegangen.

Ganz aktuell ist ein Elektroauto im Betrieb halb so teuer wie ein Benziner. Dennoch kann der motorisierte Individualverkehr nicht mehr die Lösung sein. Die Pendlerpauschale sogar noch erhöhen zu wollen, das würde die Fehlanreize, die wir heute schon haben, verstärken. Wir meinen, das Geld gehört besser in den ÖPNV und in die Radinfrastruktur.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich brauchen wir ganz schnell mehr erneuerbare Energien. Das wollen alle. Doch der alleinige Wunsch zur Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren reicht nicht. Deshalb mache ich einen konkreten Vorschlag: Um mehr Flächen für die Windenergie zu bekommen, halte ich es für richtig, dass die regionalen Planungsgemeinschaften auch Gebiete in einem Rotmilandichtezentrum als Windenergienutzungsgebiete ausweisen können, die bereits heute mit Windenergieanlagen bebaut sind. Ornithologinnen halten das durchaus für zulässig. Das sind die Maßnahmen, die wir jetzt in Sachsen-Anhalt anpacken müssen.

Beim Stichwort Technologieoffenheit ahnen wir nichts Gutes und befürchten die Verlängerung der Laufzeiten. Sie ahnen nun, das ist nichts für uns. Wir müssen raus aus den fossilen Energien.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Kohle! Kohle!)

Alles andere kommt uns teuer zu stehen, wie wir an den Preissteigerungen sehen und wie wir auch an den Milliarden Schäden durch die Klimakatastrophe, durch Überschwemmungen, durch Brände, durch Stürme, durch Trockenheit spüren.

(Unruhe)

Nur die erneuerbaren Energien können uns aus dieser Falle befreien.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich flankiert auch mit Einsparungen und Effizienz.

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

Natürlich müssen die Menschen auch in der jetzigen Situation, in der wir die hohen Preise haben, unterstützt werden. Das passiert auch.

(Frank Bommersbach, CDU: Aber auch die Wirtschaft! Vor allem die Wirtschaft, weil die auf dem letzten Loch pfeifen! Die sind am Ende!)

Das haben wir gehört, EEG-Umlage auf Null. Mein Strompreis geht gerade von 35 Cent auf 30 Cent runter. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, es gibt zwei Fragen. Wollen Sie diese zulassen? Eine von Herrn Thomas und eine von Herrn Bernstein. Ja? - Okay. - Herr Thomas, bitte.

Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Kollegin, Sie haben eben davon gesprochen, dass Sie sich gegen den motorisierten Individualverkehr aussprechen. Das heißt, die Menschen sollen nicht mehr individuell selber mobil sein, sondern Sie wollen sie wahrscheinlich in Busse oder Bahnen setzen.

Ich frage Sie: Was sagen Sie denn der Mutti, die in einem Ort oder Ortsteil wohnt, wo es keine Kita gibt? Sie muss also ihr Kind oder ihre Kinder in eine Kita bringen. Dann muss sie im Laufe des Tages, weil es in ihrem Ort keine Einkaufsmöglichkeit gibt, einen Einkaufsmarkt aufsuchen. Und dann muss sie am Ende des Tages auch noch zur Arbeit kommen. Das Ganze am Nachmittag auch wieder rückwärts.

Was sagen Sie diesen Menschen in Sachsen-Anhalt? Es gibt viele, die dieses Schicksal teilen, die sich auch bewusst für dieses Leben entschieden haben, die keine Möglichkeit haben, andere mobile Möglichkeiten zu nutzen. Was sagen Sie diesen Menschen, dass Sie ihnen diese Mobilität absprechen? Sollen die alle in die Oberzentren ziehen? Ich glaube, das wird die Leute interessieren. - Vielen Dank, dass Sie mir die Frage beantworten.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Lastenfahrrad!)

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr gern beantworte ich diese Frage. - Wir wollen, dass der motorisierte Individualverkehr reduziert wird,

(Kathrin Tarricone, FDP: Wer will denn das? - Zurufe von der AfD

viel deutlicher als heute, und sind der Meinung, dass Menschen auch gut mit dem ÖPNV oder mit dem Rad mobil sein können. Wir sprechen vom sogenannten Umweltverbund.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD)

Wir möchten, dass es möglich wird, dass man nicht auf das Auto angewiesen sein muss. Deshalb streiten wir auch für den Ausbau des ÖPNV.

Nichtsdestotrotz gibt es auch diese Fälle, in denen eine Person    

(Siegfried Borgwardt, CDU: Mehrheitlich! - Cornelia Lüddemann, Grüne: Das stimmt nicht! - Sebastian Striegel, Grüne: Es gibt Statistiken! - Unruhe)

- Darf ich antworten?

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt lassen Sie bitte erst einmal Frau Frederking antworten. - Vielen Dank.

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Nichtsdestotrotz gibt es diese Fälle.

(Sandra Hietel-Heuer, CDU: Mehrheitlich im ländlichen Raum!)

Ich bin ja im ländlichen Raum mit dem ÖPNV und dem Fahrrad unterwegs. Wenn es gar nicht mehr geht, dann nimmt mich Herr Heuer mit.

(Lachen und Zustimmung bei der CDU - Zuruf: Aha! - Unruhe)

So sind die Kollegen von der CDU. Die haben noch ein Herz für Grüne.

(Zustimmung - Cornelia Lüddemann, Grüne: Nicht alle! Nur Guido! - Heiterkeit bei der CDU))

Das ist die alte Verbundenheit. Das ist tatsächlich auch eine Form von Carsharing.

(Lachen bei der CDU - Guido Kosmehl, FDP, lacht - Unruhe)

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Das ist ja schön und gut. Ich finde das auch von einer bemerkenswerten Schlagfertigkeit hier. Aber ich glaube, Frau Frederking, Sie wollten noch die Frage von Herrn Thomas beantworten.

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Kurz und gut: Es gibt viele Möglichkeiten, Mobilität zu organisieren

(Zustimmung - Sebastian Striegel, GRÜNE: Und eine davon ist, mit Guido Heuer zu fahren!)

und dafür brauchen wir in diesem Umfang, wie wir ihn heute haben, den motorisierten Individualverkehr nicht.

Herr Thomas, wir haben in einer Bundesarbeitsgemeinschaft einmal eine Rechnung gemacht. Danach brauchen wir auch für die Elektromobilität viel Strom.

(Zurufe von der AfD: Aha! - Unruhe)

Ich bin erfreut, dass Sie mir eine Frage stellen.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

- Nein, Herr Kosmehl, wir haben das tatsächlich alles durchgerechnet. Sie können sich das auch anschauen. Wir brauchen mehr Strom. Strom wird zur neuen Primärenergie, auch für die anderen Bereiche, Sektorkopplung, und nicht nur für die Stromnutzung, die wir heute haben, Elektrizität für Beleuchtung und Computer, sondern auch für Wärme und Verkehr. Stichwort: Wärmepumpen oder Elektromobilität. Es gibt noch vieles mehr. Deshalb: Wir werden die erneuerbaren Energien auch klug einsetzen können,

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, es wird nicht besser, wenn es jetzt zu einer Vorlesung wird.

Dorothea Frederking (GRÜNE):

also auf verschiedene Art und Weise die Mobilität nutzen und den Individualverkehr reduzieren und die Personen, die darauf angewiesen sind, sollen weiterhin mit dem Auto fahren können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt hat Herr Thomas signalisiert, dass er eine Nachfrage hat, die aber sehr kurz ist und sich vielleicht nur auf einen Satz beschränkt.

Ulrich Thomas (CDU):

Ja. Nur mein Verständnis. Das war ja sehr lustig, Frau Frederking, und sicherlich auch unterhaltsam. Ich stelle aber einmal fest, dass Sie mit Ihrer Einstellung zum personalisierten Verkehr auf dem Lande so an der Realität vorbeigehen und hier von Wärme erzählen und von Energie und Strom, dass sich die junge Familie jetzt gedacht hat, wovon erzählen Sie eigentlich. Es ist gut so, dass Sie es denen heute so deutlich gesagt haben, dass Sie zwar schön reden, aber eine wirkliche Hilfe für die Familie auf dem flachen Land, die darauf angewiesen ist, nicht parat haben.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Sie hat doch gesagt, dass es mehrere sind! Ein Mix!)

Dafür danke ich Ihnen ausdrücklich.

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Thomas, das war nicht so wie vorgesehen. - Frau Frederking, bitte.

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich weiß nicht, woher Sie die Schlussfolgerung ziehen.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)

Wir wollen Mobilität für alle.

(Guido Kosmehl, FDP: Aha!)

Die gibt es auf verschiedene Art und Weise. Das habe ich auch gesagt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Genau so!)

Die Personen, für die es nicht möglich ist   das habe ich eben auch schon ausgeführt  ,

(Ulrich Thomas, CDU: Die dürfen! Aufgrund grüner Gnade dürfen sie!)

können weiter mit einem Auto fahren,

(Unruhe)

dann aber möglichst emissionsarm, sprich elektromobil.

(Anhaltende Unruhe)

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt kommt die Nachfrage von Herrn Bernstein. Dafür steht Herr Bernstein am Mikrofon, damit er die Nachfrage stellen kann und nicht irgendwelche Zwischenrufer. Dann gibt es noch eine Zwischenintervention von Herrn Lizureck. - Herr Bernstein, bitte.

Jörg Bernstein (FDP):

Ja, ich mache es ganz kurz. Frau Kollegin Frederking, halten Sie es für seriös, wenn Sie in Ihren Kostenvergleichen, die Sie vorhin angestellt haben, die Fotovoltaik immer nur mit den reinen Herstellungskosten anbringen. Sie hatten von 4 Cent bis 6 Cent gesprochen. Aus meiner Sicht wäre es fair, wenn man im Vergleich mit den anderen Systemen auch die ganzen Kosten z. B. der Speicherung einbezieht. Was nützt mir ansonsten die Fotovoltaik? Wie stehen Sie dazu?

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich habe das, ehrlich gesagt, nicht durchkalkuliert,

(Jörg Bernstein, FDP, lacht)

die Stromgestehungskosten. Was kostet eine Kilowattstunde Strom durch PV?

(Alexander Räuscher, CDU: Wenn die Sonne scheint, aber nicht in der Nacht!)

Das sind zurzeit diese 4 Cent bis 6 Cent. Bei Dachanlagen ist es ein bisschen mehr. Jetzt muss ich einmal in die Runde gucken, zu den Leuten, die vielleicht schon zu Hause einen Speicher haben. Vielleicht 2 Cent mehr, würde ich so einschätzen. Also, das ist immer noch viel weniger    

(Matthias Lieschke, AfD: Stellen Sie eine Kleine Anfrage!)

Nein, es ist jedenfalls     Also, ich weiß es jetzt tatsächlich nicht genau. Ich denke einmal, um die 2 Cent kommt hin. Weiß es jemand von euch? - Also 2 Cent mehr, oben, bei einer Dachanlage dann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Jörg Bernstein, FDP: Okay!)

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Gut. Vielen Dank, Frau Frederking. - Herr Lizureck, eine Zwischenintervention?

(Zuruf: Es wird nicht besser!)

Frank Otto Lizureck (AfD):

Ja. - Nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, dass grüne Politik so umweltschädlich ist wie nichts in diesem Land. Ihre grünen Minister haben dafür gesorgt, dass jetzt riesige Ozeandampfer mit ein bisschen Gas über den Ozean schippern,

(Olaf Meister, GRÜNE: Das war Putin!)

wovon jeder mehr CO2 ausstößt, als unsere gesamte Pkw-Flotte in Deutschland in einem Jahr.

Ihre Politik hat dafür gesorgt, dass energieintensive Produktion nach Asien abgewandert ist mit dem Erfolg, dass wir nunmehr, mit Stand 2019   das wird jetzt sicherlich anders sein  , 11,6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid mehr ausstoßen. - Herzlichen Glückwunsch, ehrlich!

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, wollen Sie noch reagieren?

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Also, mir ist bekannt   ich weiß nicht, was bei Ihnen ankommt  ,

(Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht)

dass wir gerade hier eine große Produktion bekommen mit Intel. Sie kommen, weil wir hier so viele erneuerbare Energien haben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD - Zurufe von der AfD: Ah!)

Der Aspekt, dass wir jetzt aus dem Nahen Osten auch Wasserstoff, Gas und Öl importieren:

(Matthias Lieschke, AfD: Aus Katar!)

Das ist für eine Übergangszeit, weil jetzt, zu diesem Zeitpunkt, haben wir noch keine 100 % erneuerbare Energien aus Deutschland.

(Oliver Kirchner, AfD: Frackinggas! - Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Sie sind noch nicht da. In dieser Übergangszeit stellen wir in der Verantwortung für die Unternehmen sicher, dass sie weiter produzieren können und dass die Produktion eben nicht zum Erliegen kommt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Lizureck, noch einen Satz. Ja?

Frank Otto Lizureck (AfD):

Ja. - Da Sie gerade Intel angeführt haben. Sie könnten mit Ihren erneuerbaren Energien nicht produzieren,

(Dr. Falko Grube, SPD: Doch!)

weil sie nämlich ein schwankendes Stromnetz erzeugen. Mit dieser Geschichte würden sie sofort ihre Produktionskapazitäten lahmlegen.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das hat Intel selbst gesagt und das haben sie sich nicht ausgedacht!)

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Es gibt ja Speichertechniken,

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Frank Otto Lizureck, AfD: Ja, natürlich!)

Elektrospeicher, Pumpwasserspeicher,

(Alexander Räuscher, CDU: Lächerlich!)

Wasserstoffspeicher, also chemische Speicher.

Frank Otto Lizureck (AfD):

Der größte elektrische Speicher steht in Australien! Er könnte die Elektroenergie für Deutschland ganze 16 Sekunden lang bereitstellen! - Danke.

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Unser Pumpspeicherkraftwerk Wendefurth kann acht Stunden lang Energie bereitstellen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Hannes Loth, AfD: Ui!)