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Landtagssitzung am 28.01.2022 | TOP 5: Bestand und Ausbau des Ökolandbaus in Sachsen-Anhalt auskömmlich fördern

Videos Landtagsreden am 28.01.2022: Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> Grüner Antrag: "Auf dem 30-Prozent-Pfad bis 2030:Bestand und Ausbau des Ökolandbaus in Sachsen-Anhalt auskömmlich fördern":

28.01.22 –

Videos Landtagsrede am 28.01.2022: 
Einbringung des Grünen Antrags von Dorothea Frederking >>>
Grüner Debattenbeitrag von Dorothea Frederking >>> 

Hier zur gesamten Debatte mit allen Redebeiträgen >>>

Hier zum Grünen Antrag: "Auf dem 30-Prozent-Pfad bis 2030:Bestand und Ausbau des Ökolandbaus in Sachsen-Anhalt auskömmlich fördern" >>>

 Einbringung im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich würde probieren, mit Maske zu sprechen. Wenn das nicht geht    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Ich übersetze: Frau Frederking wird jetzt mit Maske reden. Falls Verständnisschwierigkeiten bestehen, bitte ich um ein Handzeichen. Dann würden wir das hier anders regeln.

(Zuruf)

- Nicht vorher.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank für Ihr Verständnis. - Sehr geehrte Abgeordnete! Aktuell drohen Rückschritte beim Ökolandbau; denn Landwirtschaftsminister Schulze möchte die Förderung drastisch zurückfahren.

(Zustimmung)

Ich werde auch begründen, warum wir das nicht für sinnvoll halten. Wir haben deshalb einen Antrag vorgelegt, mit dem wir dabei helfen möchten, dass doch noch eine auskömmliche Forderung möglich wird.

(Unruhe)

Wir meinen nämlich auch, dass die Landwirtschaft eine neue Problembaustelle jetzt ganz und gar nicht gebrauchen kann. Die Landwirtschaft steht ohnehin schon vor enormen Herausforderungen, allem voran mehr Klimaschutz, mehr Artenschutz, mehr Umweltschutz und auch mehr Tierwohl.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Gleich am Anfang ist es ein bisschen schwierig, dass wir einen dermaßen starken Lautstärkepegel haben. - Frau Frederking, ich glaube, es ist besser, wenn Sie ohne Maske sprechen würden, da Ihre Stimme doch sehr gedämpft herüberkommt.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Genau. Ich bitte auch darum, dass Sie Ihre     Bei mir kommt nämlich auch ein starker Geräuschpegel an. So können wir uns vielleicht besser verständigen.

Ich habe gesagt, dass die Landwirtschaft eine neue Problembaustelle gar nicht gebrauchen kann. Sie hat bereits jetzt viele Anforderungen zu erfüllen. Diese Situation spiegelt sich auch im aktuellen Landwirtschaftsbericht wider. Die „Volksstimme“ titelte letzte Woche: „Sachsen-Anhalts Bauern unter Druck“. - Ja, so ist es. Denn der Problemkreis wird immer größer: hohe Energiepreise, Engpässe bei den Düngemitteln und auch Exportbeschränkungen - Stichwort ASP.

Doch das größte Problem, das die Landwirtschaft hat, ist die Klimakatastrophe. Das Jahr 2021 wurde schon als viertes Dürrejahr bezeichnet. Es gibt Ernteeinbußen und einige Betriebe haben schon aufgegeben. Die Landwirtschaft ist also akut bedroht. Deshalb fordere ich die Landesregierungauf: Geben Sie der Landwirtschaft eine zukunftsfeste Perspektive, damit sie auch unter den Bedingungen der Klimakatastrophe gut wirtschaften kann. Sorgen Sie mit der richtigen Förderung dafür, dass die Landwirtschaft widerstandsfähiger wird auch gegen die Auswirkungen der Erderhitzung.

Ich möchte Sie weiterhin bitten: Sorgen Sie dafür, dass sich die Betriebe solche agrarökologischen Maßnahmen leisten können, mit denen die Ökosysteme dann auch wieder in Balance kommen, damit dann auch mehr Wasser verfügbar ist. Solche Maßnahmen sind bspw. mehr Hecken, kleinere Schläge, Humusaufbau, Festmistausbringung, vielfältige Fruchtarten mit Eiweißpflanzen, Tiere auf der Weide. Solche Maßnahmen sichern die Ernte von morgen und bescheren den Betrieben eine auskömmliche und gewinnbringende ökonomische Basis.

Letztlich geht es ja um nichts Geringeres als um die Sicherstellung unserer Ernährung. Dafür arbeiten die Landwirtinnen und Landwirte jeden Tag ganz hart. Dafür sind wir Ihnen auch dankbar.

(Zustimmung)

Der Ökolandbau gibt mit seinem systemischen Ansatz auch Antworten und Lösungen für die Probleme und Anforderungen auch hinsichtlich des Klimawandels. Immer mehr Menschen wollen den Ökolandbau. Die EU möchte bis 2030 eine enorme Steigerung; der Bund möchte bis dahin 30 %.

Für Sachsen-Anhalt heißt das: dreimal mehr Fläche für den Ökolandbau. Das bedeutet natürlich, jetzt die Laufschuhe anzuziehen und in den Spurt zu kommen. Diese Dynamik kann sich nur mit einer vernünftigen Förderung entfalten. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf: Fördern Sie sowohl den Bestand als auch den Ausbau des Ökolandbaus.

(Zustimmung)

Bei der Ökolandwirtschaft werden die Erzeugnisse umwelt-, klima- und ressourcenschonend sowie tiergerecht hergestellt. Geschlossene Stoffkreisläufe werden realisiert. Außerdem blickt der Ökolandbau mit seinem systemischen Ansatz weit über den Tellerrand der eigentlichen Produktion hinaus. Auch Vorketten, wie Futtermittel oder die Vermarktung, sind ja schon im System Ökolandbau angelegt.

Öko bietet also einen kohärenten Systemansatz für eine Agrarwende in Verbindung mit einer Ernährungswende. Beispiel: Mehr Platz im Stall bedeutet weniger Tiere. Wenn das vernünftig kommuniziert wird, bspw. über eine Kennzeichnung, dann führt das auch zu weniger Fleischkonsum, was wiederum die ernährungsbedingten Gesundheitskosten senkt. Die Vortrefflichkeit von Bio mit den vielfältigen Funktionen ist ganz entscheidend und rechtfertigt auch die Förderung.

Im Thünen-Report 65 wurden 528 Studien, die jeweils Ökolandbau und die konventionelle Landwirtschaft miteinander verglichen haben, ausgewertet. Diese Metastudie belegt, dass der Ökolandbau bei den Bereichen Gewässerschutz, Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Klimaschutz, Stickstoff- und Energieeffizienz deutlich vorn liegt.

Bio schützt Boden und Wasser. Beispielsweise tragen tiefwurzelnde Eiweißpflanzen zu einer höheren Bodenfruchtbarkeit bei und auch die Wasserbelastung durch Schadstoffe und Medikamentes ist durch den Anbau solcher Pflanzen geringer. Im Durchschnitt wird die Stickstoffauswaschung um 39 % verringert. Daher empfiehlt das Thünen-Institut Ökolandbau auch in Wasserschutzgebieten. Oftmals wäre die Förderung des Ökolandbaus sogar günstiger als die Aufrüstung der Wasserwerke.

Bio schützt das Klima durch den Verzicht auf energieaufwändigen, chemisch-synthetischen Dünger oder durch eine bessere CO2-Bindung bei einem höheren Humusgehalt.

Bei dem Besuch eines Biobetriebs in einem der Dürresommer konnte ich sehen, dass die Erde noch feucht war, obwohl es seit Wochen nicht geregnet hatte. Als Gründe wurden dann angegeben, dass Festmist ausgebracht wurde, sodass sich eine dicke Humusschicht bilden konnte, dass zeitnah gehackt wurde, damit die Wasserverdunstung reduziert wird, und dass eine geringere Pflanzendichte vorherrschte.

Solche Klimaanpassungen und auch der Klimaschutz helfen natürlich, damit die Auswirkungen der Klimakatastrophe nicht noch schlimmer werden. Denn es ist damit zu rechnen - das haben wir auch schon in den letzten Jahren dramatisch erleben müssen  , dass die Klimakatastrophe und der Klimawandel so eine Wucht entfalten werden, dass alle anderen Probleme dahinter verblassen werden. Die Agrarwende wird als Selbstschutz für die Landwirtschaft also immer dringlicher und deshalb müssen wir sie auch anpacken. Leitbild und ganz wesentlicher Baustein dafür ist der Ökolandbau.

Aber er ist natürlich nicht der einzige Baustein; auch die konventionelle Landwirtschaft soll ökologischer wirtschaften.

Dazu sind auch schon in der neuen Förderperiode Förderinstrumente angelegt worden. Ich nenne als Stichwort Ökoregelungen.

Damit der Ökolandbau seine Leistungen auch erbringen kann, muss er gefördert werden. Es ist erfreulich, dass in der letzten Legislaturperiode mit grüner Regierungsbeteiligung der Flächenanteil von 5,2 % auf 9,4 % erhöht werden konnte.

(Zustimmung)

Inzwischen beläuft er sich auf rund 110 000 ha. Das ist wirklich ein großer Erfolg.

Leider sind die jetzt von Minister Schulze im Rahmen des ELER-Fonds vorgesehenen Fördermittel in Höhe von 100 Millionen € nicht annähernd ausreichend, um eine auskömmliche Ökoprämie zu realisieren und um Umstellungen und Erweiterungen von Betrieben zu ermöglichen.

Wir meinen, dass dieser Stillstand und die Rückschritte nicht akzeptabel sind. Jetzt geht es wirklich darum, die Laufschuhe fester zu schnüren und auf diesem 30-Prozent-Pfad wirklich zu rennen. Selbst der ehemalige CDU-Landwirtschaftsminister Herr Aeikens gab bereits im Ökoaktionsplan 2016 das strategische Ziel von 20 % an. Ein Verharren bei der Hälfte, wie jetzt von Minister Schulze angekündigt, ist keine Option. Das konterkariert geradezu den im Koalitionsvertrag formulierten Vertrauens- und Bestandsschutz. Die Landesregierung muss sich entscheiden, ob sie die Landwirtschaft unterstützen will und ob sie möchte, dass die Landwirtschaft von einem Zukunftsmarkt profitieren kann.

Wir wissen, dass in der neuen EU-Förderperiode ab dem Jahr 2023 die Flächenprämie für alle Betriebsformen drastisch sinken wird, sowohl für den Ökolandbau als auch für die konventionellen Betriebe. Selbst bei Inanspruchnahme von Prämien für Ökoregelungen wird die Flächenprämie um 50 € bis 80 € geringer ausfallen. Der Verlust für einen durchschnittlichen Bio-Betrieb mit 150 ha kann durchaus mit 8 000 € pro Jahr angenommen werden. Da schon eine Senkung in der Förderung angelegt ist, fordern wir, dass zumindest die Ökoprämie auf der jetzigen Höhe der Förderung von 273 €/ha verbleibt und nicht gesenkt wird.

(Zustimmung)

Wir schlagen vor, dass die ELER-Mittel, also die EU-Mittel, über die das Land Sachsen-Anhalt dann auch verfügt, anders aufgeteilt werden. In der Summe sollte die Förderung aus ELER-Mitteln und Kofinanzierungsmitteln 172 Millionen € betragen; es müssen also keine reinen ELER-Mittel sein.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, Sie müssten bitte immer ins Mikrofon sprechen und nicht zur Regierungsbank, sonst kann man Sie im Plenum sehr schlecht verstehen.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ja, das werde ich machen. - Der Herr Minister hört mir zu und fühlt sich auch angesprochen, glaube ich.

(Minister Sven Schulze: Aber ja! - Lachen)

Jetzt fragen sich einige, wie wir auf diese Summe von 172 Millionen € kommen. Wir kommen auf diese Summe, weil allein schon die Umschichtung von der ersten Säule zur zweiten Säule, die für die Ökologisierung der Landwirtschaft vorgesehen ist, 172 Millionen € beträgt. Wir halten es für angemessen, eine Summe in dieser Höhe als Maßstab für die Ökolandbauförderung zu nehmen. Diese Summe würde dann auch eine auskömmliche Ökoprämie sowie Umstellungen und Betriebserweiterungen ermöglichen.

(Zustimmung)

Außerdem hat die Erfahrung gezeigt, dass im Laufe einer Förderperiode Mittel, die für andere Maßnahmen nicht benötigt werden, für den Ökolandbau umgewidmet werden können. Genau das haben wir in der vorangegangenen Legislaturperiodegemacht, als wir an der Regierung beteiligt waren. Also: Mit politischem Willen lässt sich das Geld finden.

Es gibt die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz, GAK. In der laufenden Förderperiode sind auch reine GAK-Mittel für den Ökolandbau eingesetzt worden. Daran haben wir uns orientiert. Wir halten GAK-Mittel in Höhe von 5 Millionen € für die nächste fünfjährige Förderperiode für gerechtfertigt.

Ein weiterer Vorschlag von uns: Der GAK-Schlüssel soll dahin gehend verändert werden, dass das Verhältnis zwischen Bundesanteil und Landesanteil statt wie bisher 80 : 20 künftig 60 : 40 ist. Das würde die Bundesländer bei ihren Kofinanzierungen entlasten.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die gesamte Wertschöpfungskette muss besser erschlossen werden. Insbesondere für die Verarbeitung bietet die im Antraggenannte Potenzialstudie viele Ansatzpunkte. Das Agrarinvestitionsförderprogramm muss bspw. um das Thema Lagerung, unter anderem von Biofrüchten, erweitert werden.

Wir wollen, dass Ökobetriebe zu allen sieben Ökoregelungen, die jetzt neu verankert werden, Zugang bekommen. Wir schlagen vor, dass die Prämien für den Pflanzenschutzmittelverzicht, eine der sieben Ökoregelungen, und für die Grünlandextensivierung, eine weitere der sieben Ökoregelungen, auf die Ökoprämie aus dem ELER-Topf angerechnet werden. Das hätte den Vorteil, dass die ELER-Mittel, die dem Land Sachsen-Anhalt zur Verfügung stehen, quasi gestreckt werden können. Wir wollen, dass die Bundesländer entscheiden können, ob sie von einer solchen Regelung Gebrauch machen oder nicht.

Solange die geringeren Erträge und Mehraufwendungen beim Ökolandbau noch nicht über faire Marktpreise bezahlt werden, muss diese Lücke durch eine auskömmliche Förderung ausgeglichen werden. Aber das muss nicht dauerhaft in diesen Dimensionen aus dem ELER-Topf erfolgen; denn wir befinden uns in einem Transformationsprozess der Agrarwende. Noch in diesem Jahr wird es z. B. die Instrumente für den Umbau in der Tierhaltung geben. Es wird eine verbindliche Kennzeichnung zu den Haltungsbedingungen und zur Herkunft bei tierischen Produkten geben. Anhand von neuen Leitgedanken, wie z. B. mehr regionale Verarbeitung, regionaler Absatz, wird sich das gesamte Landwirtschaftssystem ändern, und damit auch die Preisstruktur. Das heißt, die Marktpreise werden in Zukunft fairer sein und so wird auch mehr Geld bei den Betrieben ankommen.

Es ist auch damit zu rechnen, dass die erste Säule in Zukunft an noch mehr ökologische Kriterien gebunden wird. Auch der Bund hat seine Unterstützung angeboten. Alles in allem hat die Ökolandwirtschaft eine gute Perspektive, dass sie honoriert wird. Es darf jetzt nicht zu diesem Abbruch des 30-Prozent-Pfades kommen - das muss es auch nicht. Es gibt viele Möglichkeiten, das zu stemmen. Diese haben wir in unserem Antragaufgezeigt. Ich bitte Sie, diesem Antragzuzustimmen. - Vielen Dank.

 

Rede im Wortlaut zum Nachlesen im Transkript:

 

Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Hauser! - Die Erreichung des Flächenziels von 30 % bis zum Jahr 2030 haben Sie, Herr Hauser, als Utopie bezeichnet. Wenn ich mich richtig erinnere, hat die FDP in Berlin dieses Ziel mit unterschrieben. Sind das in Berlin alles Utopisten?

(Zustimmung - Zurufe: Ja! - Lachen)

Frau Pasbrig, ja, der Schwerpunkt unseres Antrages ist der Ökolandbau. Darum geht es heute. In unserem Antrag geht es nicht um die gesamte Förderung der Landwirtschaft. Der Antrag ist kein Rundumschlag. Wenn Ihnen das so wichtig gewesen wäre, dann hätten Sie einen Alternativantrag einbringen können. Der Anlass für unseren Antrag war ganz klar die angekündigten Einschnitte beim Ökolandbau. Die Überschrift ist also eine völlig andere.

(Zuruf)

Herr Minister Schulze - ich schaue kurz rüber, ob er anwesend ist - ja, ist er.

(Lachen)

Ich spreche vom Rednerpult aus; tut mir leid, dass ich Sie jetzt nicht anschauen kann. Sie haben heute und bereits im Ausschuss sowie auch in Interviews geäußert, dass es nicht funktioniere, den Weg der Ökolandbauförderung wie bisher weiterzugehen. Das sei langfristig finanziell nicht tragbar. So haben Sie sich ausgedrückt.

Ja, es stimmt, dass für den 30-Prozent-Pfad sehr hohe Förderbeträge erforderlich wären. Verdreifacht sich der Flächenanteil, könnte man annehmen, dass sich auch die Förderung verdreifachen müsste. In der Tat wäre das ein sehr großer Topf für den Ökolandbau, falls das jetzige Fördersystem immer so fortgeführt werden würde.

Aber insbesondere für den dauerhaften Bestand der Landwirtschaft muss das gesamte Landwirtschaftssystem verändert werden. Herr Feuerborn hat es angesprochen. Denken wir an die Dürren. Wir müssen fit werden. Die Landwirtschaft generell muss fit werden, damit trotzdem noch gewirtschaftet werden kann. Mehr Ökologisierung in der konventionellen Landwirtschaft ist wichtig. Frau Eisenreich hat es gesagt. Es geht bspw. um Agroforstsysteme und natürlich auch um mehr Ökolandbau. Wir brauchen fruchtbare Böden mit einem lebendigen Bodenleben. Das alles ist mit einem Aufwand verbunden. Wir brauchen Äcker, Wiesen und Weiden, auf denen das Wasser besser zurückgehalten wird. Das Fördersystem wird sich in der Zukunft ändern, sodass das Geld genau in diejenigen Maßnahmen fließt, die die Landwirtschaft schützen, unterstützen und ihr eine Perspektive geben. Diese Maßnahmen erfüllen gleichzeitig noch gesellschaftliche Anforderungen.

Herr Minister Schulze, ich habe keinesfalls die konventionelle Landwirtschaft gegen den Ökolandbau ausgespielt.

(Zuruf: Doch!)

Das können alle in meiner Rede nachlesen; sie war sehr ausgewogen. Ich habe das an keiner einzigen Stelle getan, im Gegenteil. Ich habe die Landwirte mit ihrer wertvollen Arbeit, die uns jeden Tag wirklich hervorragende Lebensmittel auf den Tisch zaubern, gelobt.

(Zustimmung)

Sie, Herr Minister, Herr Hauser und Frau Pasbrig, betonen hier, dass ich etwas gegeneinander ausspiele. Dabei sind genau   S i e   diejenigen, die das tun.

(Zurufe: Nein! - Unruhe - Zustimmung)

Das ist unfair, absolut unfair.

(Unruhe)

Es ist unfair, dass hier ein Konflikt konstruiert wird

(Zuruf: Den haben Sie verursacht! - Weitere Zurufe - Unruhe)

und mir dieser Konflikt vorgeworfen wird.

(Zuruf: Sie hetzten hier! Schluss mit der Hetze! - Zuruf: Genau!)

Ich wäre die Letzte, die einen solchen Konflikt eröffnen würde.

(Zuruf: Lesen Sie mal den Antrag! Wer hat den denn gestellt? - Lachen)

- Herr Kurze, lesen Sie in meiner Rede nach.

(Zustimmung - Zurufe)

Ich möchte, dass Sie jetzt eingreifen. Ich kann nichts mehr verstehen, wenn sie ständig rufen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, Sie können fortfahren.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

In diesem Sinne gehe ich davon aus, dass die altbekannte Forderung „öffentliches Geld für öffentliche Leistung“ ab der übernächsten EU-Förderperiode besser erfüllt wird und die Flächenprämien noch stärker an ökologisches Wirtschaften gebunden werden. Genau das wäre auch vorteilhaft für den Ökolandbau. Quasi aus der ersten Säule     Wir haben heute über das Geld der zweiten Säule gesprochen. Das würde sich dann ändern.

(Unruhe)

Inzwischen äußerte sogar der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Rukwied: Öko ist zukunftsfest.

(Unruhe - Zuruf)

Da das gesamte Landwirtschaftssystem hin zu einer echten Agrarwende umgekrempelt werden muss, wird das natürlich auch Auswirkungen auf die Marktpreise haben. Das habe ich betont. Man muss weg von den Ramschpreisen, wie es der Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir gesagt hat, hin zu fairen Preisen an der Ladentheke,

(Unruhe - Zurufe)

die natürlich - zuhören bitte! - auskömmliche Erzeugerpreise sicherstellen sollen.

(Zustimmung)

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Die Borchert-Kommission sieht eine Tierwohlabgabe an der Ladentheke vor, mit der zugleich der Umbau in der Tierhaltung finanziert wird und Menschen mit wenig Geld unterstützt werden. - Frau Eisenreich, das ist sozial. Denn billig ist nicht sozial. Billig ist weder sozial für die Menschen noch für die Tiere noch für die Umwelt.

(Zustimmung - Unruhe)

In der Zukunft werden neben der Förderung auch anständige Marktpreise die verlässliche wirtschaftliche Grundlage für die Landwirtschaft sein. - Herr Feuerborn, bis auf Ausnahmen funktionieren die Vermarktung und der Absatz der Ökoprodukte. Dazu gab es eine große Veranstaltung im Schlachthof in Magdeburg. Bei dieser waren auch Vertreterinnen und Vertreter des Bauernverbandes zugegen.

Herr Minister Schulze, Sie haben völlig recht: Wenn der Bund 30 % fordert, dann muss er natürlich auch in die Verantwortung genommen werden.

(Guido Heuer, CDU: Ja, und alles mit Steuergeldern! Mit unserem Geld!)

- Guido Heuer! Herr Heuer, bitte zuhören. - Der Bund hat ein Förderprogramm angekündigt. Wir müssen ihn beim Wort nehmen. Meine Mails haben das Bundesministerium schon erreicht.

(Zustimmung - Guido Heuer, CDU: Ihr wollt nur staatlich regulieren! Das ist der falsche Weg! - Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Was ist das Fazit? - Das Fazit ist: Die Förderung

(Unruhe - Zuruf)

muss in den jetzigen Dimensionen also nicht auf Dauer aus dem ELER-Topf erfolgen. - Herr Minister Schulze, ich hoffe, ich konnte Ihre Sorgen und Bedenken ausräumen.

(Lachen)

Bis die Systemveränderungen erzielt wurden, brauchen wir mehr ELER-Mittel durch die Umwidmung von Fördergeldern aus anderen Maßnahmen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, ich habe Sie soeben gebeten, zum Schluss zu kommen. Sie haben das auch gesagt.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Nein, das habe ich nicht gehört.

(Lachen)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Das habe ich aber gesagt. Sie sehen auch, dass die Zeitanzeige rot geworden ist. Sie sind nicht nur auf meine Hinweise angewiesen. Bitte kommen Sie zum Schluss.

(Unruhe)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Frau Präsidentin, ich habe das in der Tat nicht gehört, verzeihen Sie bitte. Ich habe noch eine Frage: Ist die Minute schon hinzugegeben worden?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Ja, die Minute ist schon hinzugegeben worden.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Okay. - Das ist die Botschaft: Die Förderung muss nicht langfristig und dauerhaft aus dem ELER-Topf erfolgen.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, Sie haben jetzt die Möglichkeit, doch noch weiterzureden. Denn Herr Feuerborn und Herr Loth haben sich für eine Intervention zu Wort gemeldet.


Olaf Feuerborn (CDU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Frederking, ich glaube, Ihre Partei war im Europaparlament ausschlaggebend dafür, dass jetzt in der neuen Förderperiode - ich sage einmal - die Mittel aus der ersten Säule umverteilt wurden, die Fördermittel abgesenkt werden und wir 25 % für Eco-Schemes, die Ökoregelungen, erhalten.

(Zuruf: Genau so ist es!)

Ich kann Ihnen aber etwas sagen. Sie haben vorhin richtig gesagt, dass jetzt auch die Betriebe im Ökolandbau daran gebunden sind und sie dieses Geld aus der ersten Säule verlieren werden. Das Schlimme daran ist, dass wir in den nächsten fünf Jahren jährlich insgesamt 100 Millionen € an Wertschöpfung im Land verlieren, von der wir eigentlich profitieren könnten. Es geht um eine Gewinnmarge oder Gewinnoptimierung unserer Betriebe. Wenn wir keine Gewinne mehr erzielen, dann gibt es weniger Geld im Steuersäckel und dann kann weniger verteilt werden.

(Zustimmung)

Das wird ungefähr einen Betrag in Höhe von 40 Millionen € pro Jahr ausmachen, die unser Finanzminister nicht zur Verfügung hat. Ich weiß nicht, wie wir dann noch Förderprogramme für die Zukunft gestalten wollen.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ist das eine Frage?


Olaf Feuerborn (CDU):

Es handelt sich um Geld, das uns im Land verloren geht und bei der EU bleibt. Denn wir als konventionelle und ökologische Landwirte werden es schlicht nicht beantragen, weil die Konditionalitäten einfach nicht stimmen. Sie haben es vorhin selbst gesagt.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Feuerborn. - Jetzt folgt Herr Loth mit seiner Intervention.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich würde gern etwas dazu sagen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Bitte machen Sie das dann gebündelt.

(Zuruf: Das ist ungewöhnlich!)

- Ja, das ist ungewöhnlich. Aber die Redezeit war wirklich sehr auskömmlich.

(Zuruf)

Herr Loth, wollen Sie gleich anschließen oder wollen Sie gern eine gesonderte Antwort? - Nein. Herr Loth, fangen Sie jetzt bitte an.


Hannes Loth (AfD):

Ich fange einfach an. Danke schön, Frau Präsidentin. - Frau Frederking, Sie hätten Ihren Vorrednern wirklich zuhören sollen. Diese haben Ihnen erklärt, wie es mit dem Markt funktioniert und dass der Markt recht gesättigt ist mit Bioprodukten. Das ist nun einmal so. Gucken Sie sich bitte die Statistiken an. Der Preis z. B. für Zucchinis ist zurückgegangen und der Absatz nach oben. Das ist alles normal. Das macht der Markt. Das ist völlig richtig.

Wichtig ist das, was Herr Feuerborn vorhin gesagt hat, dieser Bericht, in dem der Reporter den Vertreter der großen Handelskette Aldi gefragt hat: Was passiert mit dem Preis? - Was hat er gesagt? - Wir bieten unseren Kunden weiter den Aldi-Preis. Das heißt, sie fordern mehr Tierwohl, es wird aber nicht mehr eingenommen. Es wird immer noch zum billigsten Preis verkauft, Frau Frederking. Daran müssen Sie ansetzen, nicht an irgendwelchen Förderungen. Das ist das Problem, dass der Lebensmitteleinzelhandel Fleisch und Erzeugnisse verramscht.

Gucken Sie sich an, gestern im Prospekt, ein halbes Schwein, 2,22 € pro Kilogramm. Der Bauer bekommt dafür 1,40 €. Das ist doch nicht mehr normal. Frau Frederking, daran müssen wir ansetzen, nicht bei irgendwelchen Förderungen für Ökosachen.

Die Landwirte in unserem Land stehen an der Wand. Sie müssen überleben. Wir kämpfen hier für das Überleben unserer Landwirte. Gucken Sie sich an, was draußen passiert, wie die Schweinehaltung einbricht.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Loth!


Hannes Loth (AfD):

Es ist erschreckend. Jetzt kommen Sie und wollen das Geld verteilen, das wir nicht haben. Das geht nicht, Frau Frederking. - Danke.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Loth, vielen Dank. - Jetzt, Frau Frederking. Bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Herr Loth, es gibt natürlich viele Probleme. Das Problem, das Sie dargestellt haben, ist natürlich auch eines. Natürlich muss der LEH auch in die Verantwortung genommen werden, ganz klar. Sie haben ja auch schon Selbstverpflichtungen. Sie haben das Label herausgebracht. Ein Vorhaben, das der LEH letztens geschildert hat - ich weiß nicht, ob es Aldi war oder wer es gesagt hat  , war, dass sie anders werben wollen, also dass sie die Qualitäten herausstellen wollen. Sie können ja mir nicht etwas zum Vorwurf machen, was andere falsch machen.

(Zustimmung)

Ich habe es nie in Abrede gestellt, dass auch an der Stelle angesetzt werden muss. Sie reduzieren es so, auf einen Aspekt. Die Ökolandbauförderung ist Thema in unserem Antrag. Deshalb habe ich dazu gesprochen. Alles andere ist natürlich    

(Unruhe - Zurufe)

Jetzt möchte ich auf Herrn Feuerborn eingehen,

(Unruhe - Zurufe: Pst! - Ja, was denn nun? - Seid mal leise! - Fertig? - Kommt noch was?)

auf die erste und die zweite Säule. Ja    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, ich möchte Sie bitten, dann auch zu sprechen.

(Lachen)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ja, das ist richtig, Herr Feuerborn, dass die Gelder von der ersten zur zweiten Säule umgeswitcht wurden. Das war ja auch so gewollt.

(Zuruf: Aber nicht von uns! - Lachen)

Diese Umschichtungsmittel bekommen wir ja auch. Diese 172 Millionen € bekommen wir. Dann geht es ja auch um Eco-Schemes. Das sind 23 %. Das ist alles angelegt, weil die Landwirtschaft sozusagen fit für die Zukunft gemacht werden soll, also mit solchen Maßnahmen, die der Landwirtschaft helfen.

Ich meine, für die Landwirtschaft ist doch - ich habe es vorhin gesagt - die Klimakatastrophe das größte Problem. Wir haben kein Wasser. Sie als aktiver Landwirt, als praktizierender Landwirt wissen das ja, dass uns die Pflanzen verdorren. Daran müssen wir natürlich einsetzen, und das kann natürlich nicht nur mit Agroforst gemacht werden. Wir brauchen auch Bewässerungssysteme usw., aber das ist ein Baustein.

(Zustimmung)

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